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Die Schauspieler Isabelle Huppert, Gaspard Ulliel and Julia Roy (von rechts nach links), Hauptdarsteller des Wettbewerbsfilms "Eva".

© Axel Schmidt/Reuters

Martensteins Berlinale (4): Du musst Geduld haben

Langweiliges über Oscar Wilde, Unglaubwürdiges mit Isabelle Huppert, Kannibalisches auf hoher See. Die guten Filme lassen auf sich warten.

Ich traf einen Kollegen, der noch mehr Berlinalen erlebt hat als ich. „Wenn du am Ende drei gute Filme gesehen hast, war es ein super Jahrgang“, sagte er. „Wie viele gute Filme waren es bei dir bis jetzt?“, fragte ich. „Na ja“, antwortete er. Es ist wie beim Angeln. Du musst Geduld haben.

Meine letzten drei Filme. Zuerst: „The Happy Prince“, über die letzten Jahre des Autors Oscar Wilde. Filme über tote Berühmtheiten müssen schwierig zu machen sein, die Handlung kennt das Publikum ja schon vorher. Außerdem ist von vornherein klar, dass der Held am Ende stirbt. Bis vorgestern hatte ich Oscar Wilde immer verehrt, aber dieser Film hat mich sauer auf Oscar Wilde gemacht. Nur er ist schuld daran, dass dieser unglaublich langweilige Film gemacht wurde. Irgendwann dachte ich: „Einer von uns beiden muss gehen, dieser Film oder ich.“ Danach habe ich „Eva“ mit Isabelle Huppert gesehen. Ich kann mich an keinen Film mit Isabelle Huppert erinnern, den ich nicht mochte, zumindest irgendwie. Dieser war der erste.

Ich möchte nicht uncharmant sein und das genaue Alter von Isabelle Huppert verraten, Mitte sechzig ist die ungefähre Richtung. Sie spielt eine Prostituierte von höchstens vierzig mit einem Lover von etwa dreißig. Das wirkte ungefähr so glaubwürdig, als wenn sie die Rolle von Oscar Wilde mit dem 101-jährigen Kirk Douglas besetzt hätten. Sie trug auch im Bett eine so dicke Schicht Makeup, dass man Angst hatte, das Bett bricht unter der Last zusammen. Sie kriegt haufenweise Rollenangebote, sie muss so was nicht machen. Hey, beruhigt euch: Ich finde es toll, wenn ältere Frauen junge Männer haben, wegen der Witwer-Rente bietet sich das an. Man muss es nur glaubwürdig verfilmen.

Der nächste Film war von Kim Ki-duk. Auf einem Schiff sind viele Menschen unterwegs, dann erhebt sich das Schiff in die Wolken und jeder führt Krieg gegen jeden. In meiner Lieblingsszene schneidet sich eine Frau ein Stück Fleisch aus ihrem Arm und füttert damit ihren Gefährten, der sie kurz zuvor vergewaltigt hat. Etwas später wird sie von ihrem Sohn vergewaltigt, ups, jetzt habe ich leider den Schluss verraten. Gott ist ebenfalls an Bord, er schweigt und betreibt im Schiffsrumpf Ökolandbau. Das ganze Gewese lässt sich auf die gut abgehangene These „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“ reduzieren, Thesenfilme sind eh blöd. Gut wäre es nur, dieses Werk auf Kreuzfahrten zu zeigen, am besten beim Captain’s Dinner. Im Übrigen bin ich ganz Gottes Meinung, jedes Wort ist zuviel.

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