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Masha Qrella (Mitte) mit Johannes Lehmann und Robert Kretzschmar (rechts) in der Berliner Volksbühne.

© Thilo Rückeis

Masha Qrella live in Berlin: Die Sehnsucht der kleinen Ratte

Masha Qrella und ihre Band gaben ein schönes Indie-Pop-Konzert in der Berliner Volksbühne. Vorab spielte Dirk von Lowtzow Tocotronic-Songs.

Unterm Räuberrad liegt ein Kranz. Die Blumen verwelken bereits, doch das schwarze Band mit der Aufschrift „In stillem Gedenken“ ist noch gut erkennbar. Schon etwas kitschig bisweilen, dieses Volksbühnen-Abschiedspathos am Rosa- Luxemburg-Platz. Also schnell rein in die Eventbude, deren sorgsam kuratiertes Musikprogramm der Castorf-Bühne ja zu Recht viele Pop-Fans beschert hat.

Heute ist die Berliner Indie-Musikerin Masha Qrella zu Gast. Ihr erstes großes Solokonzert gab sie vor 15 Jahren eben hier, jetzt spielt sie – gerade zurück von einer langen Tour, die bis nach Japan führte – ihr 100. Konzert seit dem Erscheinen ihres Albums „Keys“ im großen Saal. Um Punkt acht steht aber erst mal Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow auf der riesigen Bühne. Er hat die Platte der Kollegin als „fast perfektes Popkunstwerk“ bezeichnet und spielt nun eine halbe Stunde lang ebenfalls sehr feine Popsongs vom letzten Album seiner Band. Nur begleitet von seiner Akustikgitarre, wirken sie fragil, aber nicht kraftlos – genau wie der sehr dünne Sänger selbst. Zum Schluss leider noch ein Seitenhieb zum „Verkauf dieses Hauses“, an dem von Lowtzow mit René Pollesch eine Oper kreiert hat. Er wünscht sich, dass die Leute aufstehen und mit ihm das Tocotronic- Stück „Kapitulation“ von 2007 singen, was nur zögerlich geschieht. Ein seltsam krummer Moment.

Umgehend vergessen ist er, als eine Ratte, ein Löwe und ein Schaf die Szenerie betreten, um ein post-postrockiges Instrumental zu spielen. Ein witziger Anblick, allerdings verschwinden die Masken gleich wieder, denn Singen kann man damit offenbar nicht und das muss schon sein.

Als Gast kommt der polnische Star Kortez dazu

Schließlich spielt das Trio alle Songs des fabelhaften „Keys“-Albums sowie einige ältere Stücke, wobei viele Spuren zugespielt werden. Qrella wechselt zwischen Bass und halbakustischer Gitarre. Ihre schöne, klare Stimme segelt sicher durch die Sehnsuchtsozeane ihrer Songs. Der zwischen Lakonie und Leidenschaft flirrende Indie-Pop trifft auf ein andächtiges, stilles Publikum, das seine Mobiltelefone in den Taschen lässt – welch seltenes Glück.

Ein Höhepunkt ist nach einer halben Stunde „Girl“, das mit seinem Kontrast von energischer Rhythmusgruppe und melancholischen Keyboards dringlicher rüberkommt als auf der Platte. Statt der Noise-Gitarre am Ende gibt es perlende Piano-Läufe des hinzugekommenen polnischen Stars Kortez, der anschließend ein eigenes Stück spielt. Im Nu sind 90 Minuten um, in denen Qrellas minimalistische Performance durch eine stimmungsvolle Lichtregie ausgeglichen wird. Als erste Zugabe spielt sie das munter groovende „DJ“. Jetzt wäre es Zeit zum Tanzen. Doch die Leute kommen nicht hoch von diesen schrecklichen Plastiksitzen. Wird Zeit, dass die rauskommen.

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