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Mit Musik ginge alles besser. Charlie Brown und Linus in „A Charlie Brown Christmas“, 1965. Der Soundtrack erscheint jetzt in einer Neuauflage.Foto: AP

© dapd

Kultur: Mau, maumau mau!!

Sti-hil-le Nacht: Weihnachtsalben dienen dem Mammon, manchmal aber auch der lauten Freude.

In Nick Hornbys Roman „About a boy“ lebt der Hauptdarsteller von den Tantiemen, die er alljährlich überwiesen bekommt, weil sein verstorbener Vater einst einen weltbekannten Weihnachtssong verfasst hat. Man könnte sich also immerhin gemeinsam mit den Familien von Haven Gillespie, verschieden 1975, und John Frederick Coots, verschieden 1985, über Rod Stewarts neue, ansonsten komplett überflüssige Aufnahme von „Santa Claus is coming to town“ freuen, einen Song, den das Duo in den dreißiger Jahren geschrieben hatte. Und Irving Berlin, der erst 1989 mit 101 Jahren die Pianistenhände für immer in den Schoß legte, hat somit zum Glück nichts mehr von Stewarts flachbrüstiger „White Chrismas“-Version mitbekommen. Puh.

„Merry Christmas, Baby“ heißt das soeben erschienene Rod-Stewart-Weihnachtssongs-Album, und über das gleichnamige Duett mit Cee Lo Green macht man am besten auch gleich einen dicken CD-Kratzer. Stewarts Interpretationen und Duette sind weder cheesy oder dick aufgetragen genug, um so richtig den Baum abzufackeln, noch glänzen sie durch exklusive Ideen. Hübsch ist allerdings, wie Rod-the-Mod auf der Coverrückseite in seinem Jackett mit Pepitarapport an einer Mauer im schneebedeckten Garten lehnt, das linke Bein angewinkelt wie Shirley McLane als Bordsteinschwalbe, und stolz eine breite, rosagestreifte Krawatte vorführt. Vielleicht wollte der Ex-Geck ja einfach mal wieder ein bisschen den Kleiderschrank auslüften.

Ansonsten finden sich tatsächlich nur wenig mammonferne gute Gründe für Musiker, Weihnachtsalben mit bekannten Songs neu aufzunehmen, Versionen gibt es schließlich von allem genug. Schon viel aufregender klingt daher der von Universal herausgegebene Sampler „Christmas Rules“, auf dem Rufus Wainwright und Sharon Van Etten zu ein bisschen Klaviergeklimper „It’s cold outside“ schnurren, Calexico das von Your Tudor Highness König Heinrich VIII. im 16. Jahrhundert geschriebene „Green Grows the Holly“ einigermaßen frisch interpretieren, und Holly Golightly zu ihrer schönen Spelunkenorgel „That’s What I Want for Christmas“ singt.

Eindeutiger musikalischer Mittelpunkt der niedlichen CD ist allerdings das von einer Band namens Y La Bamba frech als Soundalike zu „Mr. Sandman“ gerierte „Senor Santa“, mit mexikanischem Häkchen auf dem n, damit es exotischer aussieht. „Senor Santa, bring me some toys / bring merry christmas to all girls and boys“, versehentlich oder auch extra etwas schief gesungen – das ist auf alle Fälle der Stoff, den man zum Käsefondue am 24. Dezember gut anhören kann. Vor allem, wenn genug Kirschwasser unter die Masse gemischt ist.

Wenn man unabhängig von Realitätsnähe einen Musiker einladen dürfte, um auf dem heimischen Klavier ein paar Christmassongs zu brettern, wäre das selbstredend Schroeder, der Peanuts-Pianist. Und falls das nicht klappt: Die Gesamtaufnahme des 1965 ausgestrahlten TV-Special „A Charlie Brown Christmas“ ist soeben auf CD erschienen. Gespielt hat den Soundtrack der 1976 gestorbene Jazzpianist Vince Guaraldi, der unter anderem auch das fantastische Peanuts-Theme komponierte. Man kann sich auf dieser Platte zwar vielleicht ein kleines bisschen mit traditionellen Stücken wie „O Tannenbaum“ langweilen, die vom Arrangement her schlichtweg dermaßen unjazzig sind, dass sie auch als Guaraldi-Version ein wenig müde machen.

Aber die meisten Songs auf der CD sind wunderschöne, stimmungsvolle Tunes, zu denen es sich in Richtung Weihnachtsbaum swingen lässt, als ob man’s wie eine echte Jazz Cat in den Hüften hätte. Zudem stammen nur sechs der 14 Stücke nicht von Herrn Guaraldi, sondern zum Beispiel vom nicht minder swingenden Mel Tormé, dessen Hit „The Christmas Song“ (neben „All I want for Christmas is my two front teeth“ von Spike Jones) in die schmale Weihnachtsecke eines jeden feierfreudigen Haushalts gehört. Und wer die brummelnden Kinder nicht zum Singen überreden kann oder möchte, freut sich über den reizenden Chor auf „Christmas time is here“.

Apropos Jazz Cats: Vor fast zehn Jahren erschien die beste aller möglichen Weihnachtsplatten. Auf „Jingle Cats“ singen „echte Katzen Weihnachtslieder“, was nur durch die Erfindung und innovative Nutzung des Samplers möglich war: Eine einzige Katze hat auf dieser herrlichen Platte anscheinend ihr deutliches „Mau!“ in Richtung Mikrophon abgegeben, und der Sampler transponiert es in alle Tonhöhen. Zu ebenfalls elektronisch nachgemachter, dünner Gitarre klingt „Stille Nacht“ demzufolge wie „Mau, maumau mau!! Mau, maumau mau!!“, was ja an sich schon toll ist.

Aber der Zenit ist erst erreicht, wenn „Schlaf’ in himmlischer Ruh“ aus dem Katzenmaule zu hören ist, denn für das hohe C hat man anscheinend ein Siamvieh live um die Ecke gebracht: Statt „Mau“ vernimmt man plötzlich ein gequältes „Rroaarr!“, das eindeutig der Mieze letzter Ton war. Ein echter Klassiker, für Katzenliebhaber genauso amüsant wie für Katzenhasser, oder vielleicht nicht ganz so. Auf dem „Jingle Cats Medley“ haben sich nebenbei später auch noch ein paar verkleidete Hunde eingeschlichen, und bellen munter und festlich mit. Es ist und bleibt eben das Fest der Liebe.

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