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Kultur: Medien-Ausstellung: Wirklichkeit, Version 1.0

Wenn Deutsche und Israelis zusammenkommen: Nachdem die deutschen Künstler mit Polen in einen neuen Dialog getreten waren, brachen sie nach Israel auf, um dort den "novalog"-Prozess mit Video, Film und Foto fortzuführen. Nicht als Sühnezeichen: die Kunst sollte darin bestehen, die Shoah nicht zu erwähnen - und damit eine Abwesenheit zu schaffen, "in der Anwesenheit latent wird.

Wenn Deutsche und Israelis zusammenkommen: Nachdem die deutschen Künstler mit Polen in einen neuen Dialog getreten waren, brachen sie nach Israel auf, um dort den "novalog"-Prozess mit Video, Film und Foto fortzuführen. Nicht als Sühnezeichen: die Kunst sollte darin bestehen, die Shoah nicht zu erwähnen - und damit eine Abwesenheit zu schaffen, "in der Anwesenheit latent wird." Dann begann die Intifada und so fragten sie sich, wie man sich als Deutscher auf den Nah-Ost-Konflikt beziehen kann. Bei Timm Ringewaldt sah die Antwort so aus: Er konstruierte ein Videospiel mit weißen und schwarzen Pack-Man-Figuren, die sich gegenseitig jagen. In "Virtual Territory 1.0" kann der Zuschauer selbst eingreifen, als Jäger oder Gejagter, und so das Spiel, laut Ringewaldt, zu einem "sehr realen Überlebenskampf" machen.

Die israelischen Künstler interessierten sich eher für die Phänomene moderner Unterhaltungkultur: Tai Shani konstruierte eine weiße Couch, auf die sich der Besucher legen kann. Blickt er nach oben auf die Leinwand, wirkt es, als reite die nackte Frau gerade hingebungsvoll auf ihm. Ihre virtuellen Brüste schlackern ihm ins Gesicht: "Like a virgin." Den Besuchern der Tel Aviver Galerie gefiel das besser, was die Deutschen abgeliefert hatten, war ihnen nicht sinnlich genug. "I feel nothing", meinte ein Israeli.

Nun ist die Ausstellung der 26 Künstler in Berlin zu sehen, das Thema ist noch immer "mediale Kommunikation und manifeste Realität", doch es scheint, als habe sich die Sinnlichkeit der Israelis ein wenig über alle Arbeiten gelegt. Ringewaldts etwas hölzerne Politkunst steht zwar noch immer gleich im Eingang, doch vieles andere versöhnt dafür: "The Messenger" etwa von Galit Eilat und Mosh Lainer, eine wunderschön elegante Wort-Video-Installation, minimalistisch und subtil. Oder Angelika Middendorfs Arbeit, in der auf vier Breitleinwänden die Bilder in unterschiedliche Richtungen laufen, mit unterschiedlichem Ton und eigener Untertitelung. Nicht den Sieg des Multimedialen dokumentiert Middendorf hier, sondern schon den nächsten Schritt: Die moderne Logik solcher Reizflut und die damit einhergehende Gewöhnung der Sinne.

Am stärksten ist die Ausstellung dort, wo sie gar nicht erst versucht, das Gemeinsame zu suchen: Zwischen Barry Frydlenders am Computer nachbereiteten Fotocollagen vom Bohème-Leben im Cafe Kassit oder vom Strand von Tel Aviv und etwa Jan Rohlfs kühlen VEB-Musik-Lounges liegen ästhetische Welten. Wieder, und vielleicht war das mit mangelnder Sinnlicheit gemeint, bleibt der Besucher in Rohlfs Raum ein Fremdkörper, nackt ist beim ihm nur die Ästhetik.

Wenn Deutsche und Israelis zusammenkommen, treffen sie sich am Ende im Club: Zur Abschlussfeier legen die DJs aus dem Tel Aviver Club Dinamo in der Staatsbank auf. Auch hier scheinen sich die Israelis künstlerisch durchgesetzt zu haben.

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