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Kultur: Meer Salz

Ulrich Tukur singt, swingt und scherzt im Tipi

Es ist heiß, der Schweiß rinnt in Strömen den Nacken hinunter, die Luft hat einen undefinierbaren Aggregatzustand angenommen. Dunstschwaden versuchen aufzusteigen und Getränke kühl zu bleiben. Vergebliche Sommermüh im Tipi, das nur so aussieht wie ein luftiges Zelt am Tiergarten, sich in Wirklichkeit aber in einen Dampfgarer verwandelt hat. Und während die Gedanken schweifen, hin zu Sternennächten mit Meeresbrise, klingt plötzlich ein Akkordeon durch den Dunst, und ein nicht ganz trittsicheres Männerquartett schiebt sich singend durch die Reihen. Auf ihrer endlosen Kneipentour, die man das Leben nennt, schauen Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys mal wieder in Berlin vorbei und schwitzen eine lose Folge von Liedern aus.

„Ein unmöglicher Abend“ heißt das Programm – und das ist der einzig mögliche Titel für diese Berlin-Premiere, bei der Tukur schamlos vom Griff in die eigene Tasche lebt. Sollte da eine einzige neue Nummer versteckt sein, ein Gag, den dieser wunderbar leichtsinnige Unterhalter noch nicht beinahe versäbelt hat? Vielleicht die Gondelnummer, eine Chaos-Choreografie für drei extrem unterschiedlich große Musiker in Pappbötchen. Eine Liebeserklärung an Tukurs Wahlheimat Venedig, bar jeder Sentimentalität, da mit seinen Wassern des Ulk gewaschen. In ihnen planscht der Abend vor sich hin. Tukur und seine Rhythmus Boys haben ihre Jacketts abgelegt und ihre Hosen auf Hochwasserlinie emporgezurrt, doch die Flut lässt auf sich warten. Erst als sich in diesen hitzegeschädigten „Schlendrian, unter den Laternen“ die Ahnung einer Träne im Schweißbad einstellt, wird der Abend mehr als ein halbgarer Spaß. Das Tipi schwebt unter den Klängen von „La Paloma“ davon, die Luft riecht nach Salz und Sehnsucht. Junge, komm bald wieder. Und bring uns mal was Neues mit. Ulrich Amling

Ulrich Tukur & die Rhythmus Boys, „Ein unmöglicher Abend“, Tipi am Kanzleramt, bis Samstag, 3. Juli, 20 Uhr.

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