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Kultur: Mein Freund, der Baum

Landschaftsbilder von Yehudit Sasportas in Berlin

„Der Granatapfelgarten“ heißt die zweite Ausstellung der 1969 in Israel geborenen Künstlerin Yehudit Sasportas bei Eigen + Art. Doch je genauer der Betrachter die akribischen Landschaftszeichnungen ansieht, desto weniger wird die Natur darin greifbar. Die Schwarzweißkontraste wirken kühl und melancholisch zugleich. Ein Fruchtbarkeit symbolisierender Granatapfel ist nirgends zu finden.

Stattdessen scheinen die filigranen Lineaturen zu schwingen, als würden die Berge und Bäume von innen her vibrieren. Dieses Pulsieren der Dinge und die rätselhaften Titel lassen offen, ob das, was wir sehen, wirklich Bäume oder überhaupt Landschaften sind. „Mother, Hagit, Ruti and Doris“ heißt ein zwei mal drei Meter messendes Diptychon (14000 Euro), welches ebenso menschenleer ist wie „Y + D“ (6500 Euro). Einmal mehr ist ein Baum zu sehen, der gespiegelt wird und wiederum zwei verschiedene Bäume zeigt. Sie wachsen zusammen und wuchern gleichsam gen Himmel und ins Bodenlose.

Darüber bilden vertikale Geraden in den Randzonen Konturen, die an Amplituden erinnern. Grafisch-technische Antipoden zur natürlichen Landschaft, die wie Stalaktiten ins Bild dringen. Doch auch das strenge Liniengitter fußt auf Prinzipien der Natur, die Sasportas in eine eigene Ordnung transformiert. Die Linien entstehen aus Audioaufnahmen von Naturgeräuschen, die am Computer in visuelle Schwingungen umgewandelt und auf das Papier übertragen werden.

„Mentale Landschaften“ nennt die Künstlerin die Verschmelzung unterschiedlicher Motive und Stilelemente mit biografischen Ereignissen. Da treffen Wege oder Berge der israelischen Heimat auf Schwarzwaldtannen. Eine winzige Seenlandschaft setzt in dem Triptychon „Three Black Lakes“ (18000 Euro) die perspektivischen Gesetze außer Kraft. Längst ist die Wasseroberfläche nicht mehr sichere Grenze für ein Oben und Unten. In „Mechanical Rain, Ants Movement“ (7200 Euro) erscheinen die Baumstämme so lebendig, als könnten sie sich im nächsten Moment die Augen öffnen, loslaufen oder eine Geschichte erzählen. Doch sie bleiben stumm. Was sie bieten, sind Strukturen und Schichten, durch die das Auge endlos wandern kann – in Ovids „bewohnter Erde vorzeiten“ aber stets auch auf den Pfaden der Gegenwart.

Galerie Eigen + Art, Auguststraße 26, bis 27. August; Dienstag bis Sonnabend 11–18 Uhr. Installationen der Künstlerin sind in der Ausstellung „Die neuen Hebräer“ im Martin-Gropius-Bau zu sehen.

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