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Kultur: Mein Hirn so leer

OPER

Der namenlose Gefangene kann einen schon dauern: Nackt und bloß sitzt er auf den Stufen einer Pyramide, auf deren Spitze eine komplizierte Hinrichtungsmaschine bereit steht. Von seiner Verurteilung weiß er nichts, das Gespräch über seine Exekution kann er nicht verstehen. In wenigen Gesten, Blicken und Bewegungen umreißt der Schauspieler Mathias Kusche den bedrohlichen Kern von Kafkas Erzählung „In der Strafkolonie“. Das abgründig Erschreckende blitzt so wenigstens für Sekunden auf, obwohl sich der Komponist Philip Glass in seiner Kafka-Oper nach Kräften bemüht hat, die Grausamkeit des Stoffs in banalem Geschrammel zu ertränken. Fünf Streicher zählen die Takte mit und liefern ihre vorgeschriebenen Töne. Dem Dirigenten Peter Aderhold ist es jedoch nicht gegebenen, die konventionelle Massenware interessant zu machen. Auch dem Regisseur Kay Kuntze, seit kurzem Künstlerischer Leiter der Berliner Kammeroper , fallen im klischeebeladenen Bühnenbild (Aktenordner, Käfige) nur routinierte Versatzstücke des realistischen Musiktheaters ein, wo allenfalls konsequente Stilisierung hätte helfen können. Wenigstens wird gut gesungen: Stilsicher entwirft der Tenor Tom Allen den verunsicherten Reisenden, Bariton Hans Gröning gibt der Verzweiflung des Offiziers stimmschön Ausdruck. Reisender und Verurteilter werden am Schluss davonkommen, allein der Offizier bleibt auf der Strecke. Nach überlangen 80 Minuten im Hebbeltheater hält sich das Mitgefühl in Grenzen. Uwe Friedrich

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