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Kultur: Meister aller Kassen

Der Jahresrückblick im Mehringhoftheater.

Von Sandra Luzina

Angela Merkel ist wie immer die Gastgeberin beim Kabarettistischen Jahresrückblick im Mehringhoftheater. Darsteller Christoph Jungmann in pinkfarbenem Sakko versprüht Optimismus und verkündet: „2012 war wieder ein gutes Jahr!“ Als Co-Moderator versucht sich erstmals Peer Steinbrück. Hannes Heesch als hibbeliger Kanzlerkandidat stellt gleich klar: „Ich mach das hier nicht unentgeltlich!“ Bevor es zu kuschelig wird, liefern Merkel und Steinbrück sich noch fix ein Rededuell nach amerikanischem Vorbild. Beim Thema Homo-Ehe punktet die Kanzlerin – trotz ihrer harten Haltung: Das Finanzielle darf keine Rolle spielen bei der Liebe, findet Merkel. „Wer es nur wegen des Geldes macht, soll doch heterosexuell bleiben!“

Sie sind mittlerweile eine Berliner Instanz. Bov Bjerg, Horst Evers und Manfred Maurenbrecher, die zusammen das „Mittwochsfazit“ bestritten haben, ergänzt von dem Theatersportler Christoph Jungmann und dem Meister der Parodie Hannes Heesch. Die fabulösen fünf kommentieren als Jahresendzeitteam Pleiten, Pannen und Peinlichkeiten des zu Ende gehenden Jahres – und würdigen dieses Mal auch die Aufsteiger des Jahres gebührend. Man konnte darauf wetten, dass Joachim Gauck es in die Show schafft. Hannes Heesch schildert so eloquent, wie man es vom Bundespräsidenten kennt, den Arbeitsalltag im Schloss Bellevue. „Schon morgens um sieben schlägt mir eine Welle der Sympathie entgegen.“ Beim Besuch einer Moschee spricht Gauck von Luther und der Reformation. „Da kenne ich mich aus – und den Muslimen schadet es nicht.“ Die Beschneidungsdebatte wird nur indirekt gestreift, das ist gewitzt und hinterhältig. Heesch führt aus: Auch als Besitzer von italienischen Markenschuhen kann man beim Moscheebesuch in Kalamitäten geraten, so dass sich die Frage stellt: Was ist höher zu bewerten: die Religionsfreiheit oder die körperliche Unversehrtheit? Ob er ein Gebetshaus oder den Buckingham-Palast besucht: Hinterher kann Gauck konstatieren: „Wieder einmal habe ich den richtigen Ton getroffen.“

Nach der Pause tritt er dann endlich auf, der Master of Desaster: Der frisch geföhnte Heesch als Regierender Bürgermeister Wowereit hält mit seinem Planungsstab eine Pressekonferenz zum Flughafen Berlin-Brandenburg ab. Als Erste fragt die Kanzlerin scheinbar arglos: „Was wird’s denn jetzt kosten?“ Evers meint: „Wir gehen von dem Vierfachen aus, dann können wir es für die Hälfte machen.“ Warum der Flughafen von Anfang an zu klein geplant wurde? Pech! „Aber wir arbeiten mit den besten Experten.“ Stoiber ist schon unterwegs, und auch mit dem genialen Physiker Stephen Hawking ist man im Gespräch. Durch eine Raumverkrümmung ließe sich der geplante Eröffnungstermin doch noch einhalten. Die wichtigste Frage aber lautet: Kann man den BER vom Mond aus sehen? „Selbstverständlich. Im Moment kann man ihn nur vom Mond aus sehen“, erklärt Referent Bjerg. Wowereit beendet die PK schließlich mit einem Machtwort : „Berlin ist so attraktiv, dass wir überhaupt keinen Flughafen brauchen.“

Ob es um das Konzept „Fernreisen innerhalb von Brandenburg“ geht oder um erfolgreiche Berliner Geschäftsmodelle – zum Beispiel die Glückstrinker vom Marheinekeplatz: alles in allem gibt es doch viel Positives zu vermelden. Mit einer Coverversion des Hits „Gangnam-Style“ endet der Abend. Man ahnt schon, was die fünf geritten hat, daraus „Das ist V-Mann-Style“ zu machen .

Die anhaltenden Berliner Pannenserien sind ein gefundenes Fressen für die Kabarettisten – und sorgen für überbordende Heiterkeit. Und auch die Politikdarsteller bekommen ihr Fett weg. Das Jahresendzeitteam läuft diesmal zur Höchstform auf. Insofern war es wirklich ein gutes Jahr. Sandra Luzina

Bis 12.1., alle Vorstellungen ausverkauft. Karten erhältlich für das Gastspiel in der Komödie am Kurfürstendamm (13.-15.1.)

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