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Kultur: Meister Minetti

Eine

von Rüdiger Schaper

Wäre schön zu wissen, was der alte Zauberer und Poltergeist über unser so genanntes Regietheater (und die so genannten Stückeverhunzer) zu sagen hätte. Heute vor hundert Jahren wurde Bernhard Minetti geboren, 1998 starb der Schauspieler mit der schicksalsraunenden Stimme und den Augenbrauen, die er hochziehen konnte wie einen Bühnenvorhang. Sein langes Leben umschließt fast ein Jahrhundert deutscher Theater, also Regietheatergeschichte. – Als Minetti in den Windeln lag, legte in Berlin Max Reinhardt los: Der brachte, kurz gesagt, überhaupt erstmal den Regisseur ins Rampenlicht. Jungmime Minetti spielte unter Jessner und Fehling, beides durchaus zupackende Inszenatoren. Sehr viel später (wir überspringen mal die Nazi-Zeit, Minetti war eben auch nur ein Schauspieler) erlebte er seinen dritten oder vierten Frühling. Es waren Peymann und Grüber, Protagonisten des Regietheaters, die Minetti neu entdeckten. Nun könnte man meinen: Der damaligen, Stil prägenden Generation von Regisseuren ging es noch um Text, um Sprachkunst, heute dagegen wollen die Inszenatoren nur ihre Idee von einem Stück (oder lieber gleich theaterfremden Stoff) auf die Bühne bringen. So aber stimmt es auch nicht. Es sei erinnert an Grübers „Faust“ mit Minetti, 1982 an der Freien Volksbühne Berlin. Etliche Zuschauer und Kritiker fanden’s zu dunkel, zu leise. Die Aufführung dauerte nur zwei Stunden, „Faust. Der Tragödie erster Teil“ war ein Dreipersonenstück. Bei Thalheimers knappem Berliner „Faust“ stehen sieben Akteure auf der Bühne. – Regietheater, ein dummes Wort. Denn komischerweise haben die Regietheaterregisseure immer die besten Schauspieler. Wenn wir heute an Bernhard Minetti denken, dann an seine Modernität. Nostalgisch war er nie.

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