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Kultur: Miau? Genau!

Elke Heidenreich sammelt Katzenmusikgeschichten.

Mit Anthologien ist es oftmals wie mit Stehpartys. Neugierig streift man umher, verweilt gerne länger bei dem, der spannend erzählt, lässt die Angeber und Langweiler dagegen mit einem gemurmelten „Ich hol mir noch’n Drink“ stehen. Elke Heidenreich ist gerne Gastgeberin solcher belletristischen Zusammenkünfte. In ihrer eigenen Edition hat sie unter dem Titel „Ein Traum von Musik“ 2010 schon 46 Liebeserklärungen an die Tonkunst vereint, unter denen sich so manche bewegende biografische Offenbarung fand. Diesmal bat sie ihre wortgewandten Freunde um Geschichten über „Katzenmusik und Katerstimmung“.

Mancher deutete das Motto rein akustisch, die meisten aber tierisch. Folglich finden sich unter den 32 Texten jede Menge erwartbare Hymnen auf die scheinbar so verständigen, in ihrem Handeln so unabhängigen Fellviecher. Von Hans Neuenfels beispielsweise, von Vera Nemirova, Alain Claude Sulzer oder auch von Elisabeth Trissenaar. Am individuellsten aber huldigt die Herausgeberin selber der Spezies, mit einer geradezu intimen Anekdote, entstanden als literarische Übersprunghandlung während einer einsamen, langweiligen Lesereise.

Wolfgang Rüb weiß launig von einem Bratscher zu berichten, der durch den Biss eines Kätzchens arbeitsunfähig wird und dadurch sein Glück macht, Susanne Röckel erzählt von einem Freiberufler, der zwar kein bissiges Kleintier hat, dafür aber einen Nachbarn, der ihm die Nerven zerfiedelt – und dafür auch noch vom Rest der Welt vergöttert wird. Wolfgang Joop spricht natürlich nur von sich, Harry Rowohlt liefert gerade einmal eineinhalb Seiten ab: Die aber sind purer Harry Rowohlt, also maximal lakonisch komprimiert.

Und zweimal muss man richtig lachen, so laut, dass die neben einem sitzende, in ihre eigene Lektüre vertiefte Ehefrau erschreckt hochfährt. Einmal bei Jan Weilers bitterböser Sozialsatire über einen Schlagerkomponisten, der seine massentaugliche Katzenmusik nur völlig verkatert aufs Notenpapier klieren kann. Und einmal bei Wladimir Kaminers Geschichte vom Besuch des tierärztlichen Notdiensts am Heiligabend, erzwungen durch einen russischen Katergreis namens Johann Wolfgang. Frederik Hanssen

Elke Heidenreich (Hg.): Katzenmusik und Katerstimmung. C. Bertelsmann Verlag, München 2012. 256 S., 19,99 €. Auch als Hörbuch, gelesen von den Autoren.

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