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Kultur: "Mike The Bike" Hailwood: Ein Lastwagen wurde ihm zum Verhängnis

In Tanworth-in-Arden, einem kleinen Ort etwa 15 Kilometer südlich von Birmingham in Mittelengland, wird es heute vermutlich mit der beschaulichen Ruhe vorbei sein, denn viele der Besucher werden mit ihren Motorrädern kommen. Aber kein Biker-Treffen und auch keine Rocker-Fete sind angesagt, das Ziel der Gäste ist der Friedhof hinter der Kirche St.

In Tanworth-in-Arden, einem kleinen Ort etwa 15 Kilometer südlich von Birmingham in Mittelengland, wird es heute vermutlich mit der beschaulichen Ruhe vorbei sein, denn viele der Besucher werden mit ihren Motorrädern kommen. Aber kein Biker-Treffen und auch keine Rocker-Fete sind angesagt, das Ziel der Gäste ist der Friedhof hinter der Kirche St. Mary Magdalene. Im hinteren Bereich liegt das Grab eines Mannes, der Motorradrennsport-Geschichte schrieb. Sein Todestag jährt sich zum zwanzigsten Mal.

Mike Hailwood ist für viele immer noch einer der Besten, wenn nicht der beste Motorradrennfahrer. Seine Zeit, das waren die 60er Jahre. In dieser Dekade war er neben dem aufsteigenden Italo-Star Agostini der dominierende Fahrer. Er errang neun Motorrad-Weltmeisterschaften, 14 Siege auf der Isle of Man, der schwersten Rennstrecke der Welt, und 76 Grand Prix Siege insgesamt. Er fuhr Maschinen aller Klassen, Viertakter genauso wie Zweitakter.

Damals war es nicht ungewöhnlich, an einem Renntag in mehreren Klassen an den Start zu gehen. Mike The Bike stand häufig dreimal am selben Tag auf dem Treppchen. In den Jahren 1962 - 65 wurde er mit den berühmten MV Agusta vier mal Weltmeister in der 500er-Klasse und drei mal Zweiter bei den 350ern. Dann kam Ago, und Mike wechselte zu Honda. Die Verbindung mit den Japanern dauerte nur zwei Jahre, aber gerade diese Zeit prägte das Bild des Motorrad-Centauren. Nicht nur der junge Agostini auf MV war sein Gegner, sondern auch seine eigene 500er. "Bronco" nannte man sie, was soviel wie Wildpferd bedeutet.

Das Motorrad hatte ein miserables Fahrwerk und benahm sich mitunter, als wolle es seinen Reiter abwerfen. Trotzdem war die Paarung kaum zu schlagen: Bei der TT 1966 kam er fast drei Minuten vor Agostini ins Ziel und fuhr dabei auch gleich noch einen neuen Rundenrekord. In der Weltmeisterschaft mußte er dem Italiener allerdings den Vortritt lassen. Ein technischer Leckerbissen dagegen war die 250er: Sie hatte einen Sechszylinder-Reihen-Motor mit zwei obenliegenden Nockenwellen, der bei für damalige Zeiten irrsinnig hohen Drehzahlen (bis 16 000 Touren) 60 PS brachte. Die 350er war eigentlich eine aufgebohrte 250er mit knapp 300 Kubik und leistete 65 PS. Mit beiden Maschinen gewann er zweimal hintereinander den Titel.

Als Honda sich 1968 vom Rennsport zurückzog, wandte er sich dem Autorennsport zu. Auch hier gab es Erfolge, aber an die großen Motorrad-Zeiten konnte er nicht anknüpfen.

1978, zehn Jahre nach seinem letzten GP-Rennen, feierte er ein unglaubliches Comeback. Er kehrte auf die Insel zurück und fuhr in vier Klassen. In der 250er-Klasse belegte er zwar nur den zwölften Platz, und bei der Senior-TT (500 Kubik) sowie der Classic fiel er mit Maschinenschaden aus, aber die Klasse bis 1000 Kubik gewann er auf der Königswellen-Ducati. Diese Maschine wurde gerade erst in einer kleinen Serie als "Mike-Hailwood-Replika" mit Straßenzulassung verkauft. Im folgenden Jahr war er wieder dabei, diesmal noch erfolgreicher. Mit der Ducati wurde er Fünfter, und mit einer 500-Kubik-Zweitakt-Suzuki gewann er die Senior und belegte in der Classic den zweiten Platz.

Mike Hailwood war aber ein hervorragender Motorradfahrer, ein sehr humorvoller und überdies auch musischer Mensch: Wer weiß schon, daß er auch Klarinette spielte? Seinen Mut bewies er nicht nur mit stiefelzerfetzenden Schräglagen, sondern auch als er 1972 bei GP von Südafrika Clay Regazzoni aus dessen brennendem Wagen zog. Hierfür wurde er mit der George Medal, der höchsten zivilen britischen Tapferkeitsmedaille, ausgezeichnet.

Am 21. März 1981 kam er in Begleitung seiner Tochter Michelle vom Einkaufen zurück nach Hause. Ein unachtsamer Lkw-Fahrer wendete auf der Fahrbahn, der Unfall war nicht mehr zu verhindern. Michele starb noch am selben Tag, Mike Hailwood zwei Tage später im Unfallkrankenhaus in Birmingham. Sie sind beide nebeneinander auf dem kleinen Friedhof in Tanworth-in-Arden beigesetzt. Der schlichte Stein aus Marmor, nicht viel größer als die anderen auch, lässt den Betrachter nicht ahnen, welche Persönlichkeit hier ihre letzte Ruhe fand. Aber denen, die mit dem Namen Mike Hailwood eigene Erlebnisse und Erinnerungen verbinden, spricht die Inschrift aus der Seele: "Too good in life to be forgotten in death".

Gernot Gerlach

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