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Kultur: Milzbrand: Interview: "Schutzimpfungen wären eine Überreaktion"

Helmut Hahn ist Leiter des Instituts für Infektionsmedizin am Universitätsklinikum Benjamin Franklin in Berlin. Herr Hahn, würde ein Hausarzt im Ernstfall einen Anthrax-Fall erkennen?

Helmut Hahn ist Leiter des Instituts für Infektionsmedizin am Universitätsklinikum Benjamin Franklin in Berlin.

Herr Hahn, würde ein Hausarzt im Ernstfall einen Anthrax-Fall erkennen?

Das ist eher mit Nein zu beantworten. Im Augenblick sind die Ärzte natürlich sensibilisiert, vor allem sind auch die Patienten sensibilisiert. Deshalb ist möglicherweise jetzt damit zu rechnen, dass die Ärzte daran denken. Das ist ja immer das Wichtigste. Die Anfangssymptome Fieber und Abgeschlagenheit machen es unmöglich, Milzbrand von einer Fülle anderer Krankheiten zu unterscheiden.

Was wissen Sie über die Erreger, die die Fälle in den USA hervorgerufen haben?

Es sind, so wie es jetzt aussieht, Stämme aus amerikanischen Labors. Ich kann mir aber keinen Reim darauf machen, wie die Absender an sie gekommen sind.

Wie groß ist die Ansteckungsgefahr?

Zum Thema Online Spezial: Kampf gegen Terror Schwerpunkt: US-Gegenschlag, Nato und Bündnisfall Schwerpunkt: Osama Bin Laden Schwerpunkt: Afghanistan Schwerpunkt: Islam & Fundamentalismus Schwerpunkt: Innere Sicherheit Chronologie: Terroranschläge in den USA und die Folgen Fotostrecke: Bilder des US-Gegenschlags Der Mensch infiziert sich in aller Regel durch direkten Kontakt mit Sporen, die eingeatmet oder in die Haut eingerieben werden. In der Fachliteratur wird die Frage, ob die Krankheit auch von Mensch zu Mensch übertragen werden kann, eindeutig mit Nein beantwortet. Das ist bei einem anderen Erreger, der jetzt in Zusammenhang mit Biowaffen genannt wird, nämlich dem der Lungenpest, völlig anders: Hier besteht ein hohes Risiko der Übertragung von Mensch zu Mensch.

Wie - und vor allem: wie lange - kann man Milzbrand behandeln?

Die Zeit zwischen Kontakt mit dem Erreger und Ausbruch der Symptome beträgt zwischen einem und sechs Tage. Das therapeutische Fenster ist relativ eng: Nach Ausbruch der Symptome muss man auf den gezielten Verdacht hin behandeln und kann nicht auf eine sichere Bestimmung des Erregers warten, denn dann ist der Patient mit großer Wahrscheinlichkeit tot.

In den Vereinigten Staaten sind Antibiotika wegen der Hamsterkäufe angeblich ausverkauft. Ist das auch bei uns zu befürchten?

In Deutschland ist man in diesen Dingen wohl etwas gelassener. Außerdem sind Antibiotika rezeptpflichtig. Zum derzeitigen Zeitpunkt würde ich auch von dieser Art der Vorsorge abraten. Mittel der ersten Wahl ist übrigens Penicillin G, nicht das in den USA angeblich gehortete Ciprobay.

Und wie sieht es mit Impfungen aus?

In Deutschland ist kein Impfstoff zugelassen. Eine Schutzimpfung wäre auch eine absolute Überreaktion. Am wichtigsten finde ich, dass die Ärzte besser ausgebildet werden. Während des Golfkrieges wollten die Studenten etwas über biologische Kampfstoffe erfahren. Ich werde das Thema wieder in die Vorlesung aufnehmen!

Herr Hahn[würde ein Hausarzt im Ernstfall ei]

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