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Kultur: Mit Andacht

Herbert Blomstedt und die Berliner Philharmoniker.

Muss das eigentlich sein? Wegen Chaos auf den Straßen rund um die Philharmonie, das, abgesehen vom Besuch Wladimir Putins, miserabler Koordination diverser Veranstaltungen geschuldet ist, fängt das Konzert mit 20 Minuten Verspätung an. Wuchert Berlin so mit dem Pfund seiner kostbaren Philharmoniker? Dank ihrer Kunst und der aller Mitwirkenden wird die Missa solemnis, Beethovens großes, freies, poetisches Glaubensbekenntnis, von höchster Konzentration erfüllt. Aber es bleiben Plätze leer im ausverkauften Haus.

Als sei es das Selbstverständlichste, steht der 84-jährige Herbert Blomstedt, auswendig dirigierend, die kolossale Messe durch. Es ist in diesem Fall die Verbindung der ihm stets eigenen Kontrolle der Partitur mit ihrer Ausdruckskraft, die fasziniert. Schmerzloses Musizieren, wie es seiner Klassik gern freundliche Aspekte gibt, weicht hier dem Anliegen des Komponisten: „Von Hertzen – Möge es wieder – Zu Hertzen gehen.“ Wie das Kyrie „mit Andacht“ von ekstatischem Gloria abgelöst wird mit überwältigenden Klangsymbolen, Lyrik und Textausdeutung, wie der Dirigent körperlich die Achtelbewegung „In gloria Dei patris“ vollzieht, das ist Begeisterung, Lob und absolute Musik zugleich. Das holzüberglänzte Orchester, das Instrumentalkolorit der geteilten Bratschen und Celli im Praeludium zum Benedictus, dessen transzendentes Violinsolo Guy Braunstein gehört: Es ist ein Höhepunkt philharmonischen Engagements. Dazu ein exquisites Solistenquartett mit Ruth Ziesak, Gerhild Romberger, Richard Croft und Georg Zeppenfeld. Nicht zuletzt der Chor des Bayerischen Rundfunks: Der aufs Äußerste getriebenen Forderung an die Stimmen begegnet er mit strahlender Präzision. Sybill Mahlke

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