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Kultur: Mit dem Meißel streicheln

Der im Oderbruch ansässige Bildhauer Werner Stötzer hat am liebsten mit dem Stein zu tun.Wenn er seinen Gestalten behutsame, aber dennoch deutlich ablesbare Proportionen verleiht, wenn er die stoffliche Struktur zutage treten läßt, das Spröde, Beharrende, Steinalte, Brüchige, Chimärische, dann geht es ihm darum, den die Masse bewegenden Geist zu verdeutlichen.

Der im Oderbruch ansässige Bildhauer Werner Stötzer hat am liebsten mit dem Stein zu tun.Wenn er seinen Gestalten behutsame, aber dennoch deutlich ablesbare Proportionen verleiht, wenn er die stoffliche Struktur zutage treten läßt, das Spröde, Beharrende, Steinalte, Brüchige, Chimärische, dann geht es ihm darum, den die Masse bewegenden Geist zu verdeutlichen.

Seine Skulpturen erscheinen in großer Ruhe und zeitloser Dauer, im lastenden Gewicht des Materials und zugleich in schwebender, flüchtiger Leichtigkeit.Stötzer hat die Steine so verwendet, wie sie aus dem Bruch kamen, er hat Ecken, Kanten und Schnitte stehen gelassen.Die Eigentümlichkeit des Materials verschwindet nicht, sondern wird ein mitgestaltendes Element des Werkes.Gerade der Marmor ist ein durch seine Feinkörnigkeit, durch seine Struktur und Farbschattierungen ungemein lebendiger, in seinem sanft funkelnden Glanz nobler Stein.So sind die Skulpturen mineralogischen und kristallinen Formen verwandt, sie prägen sich dem Stein auf, fügen sich den Wachstumsformen der Natur ein.Dabei wird die Abstraktion der Figur nie so weit getrieben, daß dadurch die materialbedingte Gestalt ihren Naturgrund verliert.

Aus einem Fundstück ist die "Galionsfigur" (Sandstein, 1998) entstanden, eine Kniende mit über dem Rücken verschränkten Armen, die einer Karyatide gleicht.Die grafische Struktur auf dem Torso eines attischen Kriegers (Marmor, 1998) wird wie ein Kraftfeld erlebbar."Saale und Werra" (Sandstein, 1998), der Entwurf einer Großplastik, ein ineinander verschmolzenes weibliches Figurenpaar, Rücken an Rücken, erscheint fast wie ein Gegenstück zu Brancusis Skulptur "Der Kuß".

Auf den Körper der Michael Kohlhaas-Stele sind mit dem Eisen scheinbar richtungslos Striche aufgetragen worden, die wie mit dem Pinsel getupft wirken, so als ob die Haut gestreichelt worden wäre.Torsohaft wie diese Stele sind auch die Bronzen: Eine unterlebensgroße Undine in grüner Patina (1995) - ihre größere Schwester aus Stein steht als mächtiger Block am Wannsee -, in freier Figuration, halb Mensch, halb Elementargeist, ihren Körper wie ein Quell des Lebens darbietend, oder der "Prenzelberger Torso" (1996/97), eine Bronzefolie mit unmerklichen Erhebungen und Höhlungen, durch die sich schmerzvoll ein vertikaler Grat zieht.

Bei aller Abstraktion sollen Werner Stötzers Gestalten Sinnlichkeit ausstrahlen.Die Entwürfe und deren Ausformung lassen jedenfalls Archetypisches erkennen.Hier verschmelzen Vorstellungen von archäologischem Relikt und formaler Neuschöpfung, von Organischem und Kristallinem, Durchformung und Raumoffenheit, Statuarischem und Gestischem zu einer neuen Einheit.

Als Befreiung von den Zwängen des schweren Materials empfindet Stötzer das Aktzeichnen.Während er in Kohle und Bleistift (je 1000 DM) die Linien exakt ausführt, Möglichkeiten durchprobiert, wie Form an Form sich verändert, sind die Gouachen (je 2000 DM) ganz vom Erlebnis des Malerauges bestimmt.So wie aber die Reliefs auf dem Stein aus der Zeichnung kommen, ist auch die Zeichnung als selbständige Improvisation zugleich Spiegelung der Figuren aus Stein (8000 DM bis 18 000 DM) und Bronze (bis 6000 DM).

Galerie Lux, Torstraße 11, bis 19.September; Mittwoch bis Freitag 14- 18 Uhr, Sonnabend 11-14 Uhr.

KLAUS HAMMER

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