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Kultur: Mitternachtsreihe: Gangster No. 100

Zugegeben: Mexikanische Melodramen und Jazzfilme sind auch nicht schlecht. Doch die bewegendsten Momente hatte die Mitternachtsreihe des Forums immer dann, wenn alle chinesischen Köche Berlins nach Küchenschluss ins Delphi drängten, um uns Langnasen durch heimtückisch platziertes Gelächter zu demonstrieren, dass wir beim Untertitel-Lesen wieder einen Witz verpasst haben.

Zugegeben: Mexikanische Melodramen und Jazzfilme sind auch nicht schlecht. Doch die bewegendsten Momente hatte die Mitternachtsreihe des Forums immer dann, wenn alle chinesischen Köche Berlins nach Küchenschluss ins Delphi drängten, um uns Langnasen durch heimtückisch platziertes Gelächter zu demonstrieren, dass wir beim Untertitel-Lesen wieder einen Witz verpasst haben. Dann kann Berlin für zwei Stunden fast so metroprollig wie London sein und das Forum so populär wie die Grüne Woche.

Die Mitternachtsreihe ist ein Exilort für Filme, die dem Auswahlkomitee wohl gefallen haben, doch zu sehr dem Popcorn zuneigen. Auch diesmal sind unter den zehn Nacht-Filmen neben Werken aus Italien, Finnland oder Korea wieder vier chinesische Produktionen. Und gleich die Eröffnung am Donnerstag nimmt den Kontakt zu einem alten Bekannten wieder auf. Johnny Tos Krankenhausgroteske "Help!!!" zeigt den Hongkong-Routinier so ungebärdig, wie wir ihn mit "The Heroic Trio" kennen und lieben lernten. Und auch die beiden anderen Filme aus Hongkong - Dante Lams "Jiang Hu - The Triad Zone" und "Comeuppance" von Derek Chiu - nehmen zwar im Triadenwesen ihren Ursprung, gehen aber spielerisch ironisierende Wege. In "Comeuppance" etwa ist der Held ein kreativitätsdruckgeschundener Kolumnenschreiber, der sich durch den Mord an einem Triadenboss zu einer Artikel-Serie inspirieren lässt, die zur Inspiration für Nachahmungstaten wird. Und "Jiang Hu" dekonstruiert den coolen Obergangster durch bösartig humoristische Exkurse zu den Figuren seiner Umgebung. Von Heroisierung keine Spur mehr. Der Killer wird zur Mitleids-, wenn nicht zur Lachfigur.

Noch unbefangener gegenüber Vorlagen gibt sich "The Cabbie", eine taiwanesische Produktion (Regie: Chang Hwa-kun, Chen Yiwen), die bemerkenswerte Episoden aus dem Leben eines eher durchschnittlichen Taipeher Taxifahrers schildert. "The Cabbie", ein Film, der sich auch visuell gewaschen hat, glänzt mit einer Menge hübscher Einfälle, die das Kfz-Wesen betreffen. Außerdem beleuchtet der Film die Beziehungsprobleme von Gerichtsmedizinerinnen und zeigt, wozu ein guter alter Formalin-Kopf auf der Rückablage gut sein kann.

Vorkörperweltlich geht es zu. Und das Makabere und Groteske dürfte es sein, was die meisten diesjährigen Mitternachtsfilme verbindet, auch wenn die Verzerrung manchmal nur unserem fremdelnden Blick entspringt. Und natürlich ist auch Indien wieder im Programm. Wer einmal Indien um Mitternacht gesehen hat, weiß, was das bedeutet: Schöne Menschen, die mindestens zwei Stunden mit Tanzeinlagen und Orchesterbegleitung um die Liebe ringen, wobei an Farben aufgeboten wird, was der Regenbogen bietet. Während "Alai Payuthey" (Regie: Mani Ratnam) gemessen an diesem Grundkonzept fast ein naturalistischer Problemfilm ist, lässt der Maler und Filmemacher Maqbool Fisa Husain in "Gaja Gamini" seinen Amor in einer Märchen-Landschaft aus Sperrholzdekor niedersegeln. Auch hier wird gesungen - und gewandelt. In seinen vielfältigen Anspielungen ist dieser Film für Nicht-Inder kaum zu verstehen. Doch ein bisschen Staunen kann ja auch nicht schaden in einer kalten Februarnacht.

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