zum Hauptinhalt

Kultur: Monika Griefahn im Gespräch: Ich will bedrohte Arten schützen

Sie haben jetzt den Vorsitz des Bundeskulturausschusses von Elke Leonhard übernommen, mit der es offensichtlich Streit gab. Sie selbst haben einen Brief unterschrieben, in dem von Frau Leonhard eine Einverständniserklärung gefordert wurde, sich in allen Angelegenheiten der Kultur und der Medien zunächst mit Kulturstaatsminister Michael Naumann abzustimmen.

Sie haben jetzt den Vorsitz des Bundeskulturausschusses von Elke Leonhard übernommen, mit der es offensichtlich Streit gab. Sie selbst haben einen Brief unterschrieben, in dem von Frau Leonhard eine Einverständniserklärung gefordert wurde, sich in allen Angelegenheiten der Kultur und der Medien zunächst mit Kulturstaatsminister Michael Naumann abzustimmen. Es waren also nicht nur Spannungen mit Michael Naumann, sondern auch Differenzen mit der SPD-Fraktion, die zum Rücktritt von Elke Leonhard führten.

Es handelt sich bei den so genannten Brief um einen Ergebnisvermerk der Arbeitsgruppe Kultur und Medien, in dem lediglich festgehalten wurde, was in der Gruppe besprochen wurde. An dieser Sitzung hat auch Frau Leonhard teilgenommen. Und natürlich war der Vermerk von mir unterschrieben, denn ich war zu diesem Zeitpunkt die Sprecherin der Arbeitsgruppe.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Michael Naumann?

Ich habe bei Rowohlt einige Bücher über die ökologische Bewegung und insbesondere Greenpeace zusammengestellt und geschrieben. In dieser Zeit war Herr Naumann Verleger bei Rowohlt. Seitdem kennen wir uns. Unser Verhältnis ist produktiv.

Beeinträchtigt zuviel Harmonie nicht die Kontrollfunktion des Ausschusses gegenüber der Exekutive?

Die Arbeitsgruppe Kultur und Medien der SPD hat unter meinem Vorsitz bereits Projekte angeschoben, die keine oberste Priorität bei Naumann besaßen. Im Übrigen versteht sich der Kulturausschuss auch als Lobby für Kunst und Kultur - in Einzelfällen gemeinsam mit dem Staatsminister - gegenüber der Regierung.

Man kennt Sie bisher als Umwelt-, kaum als Kulturpolitikerin.

Ich habe schon in den 70er Jahren das Göttinger Kulturinstitut mit aufgebaut und im internationalen Kulturaustausch gearbeitet. Außerdem haben für mich Ökologie und Kulturpolitik sehr viel miteinander zu tun, da sich beide Bereiche für "bedrohte Arten" einsetzen, also für Themen, die häufig in die Ecke gedrängt werden. In den letzten beiden Jahren war ich im Parlament sehr aktiv in der auswärtigen Kulturpolitik.

Wurde bei der Schließung von Goethe-Instituten nicht am falschen Ende gespart?

Es musste überall gespart werden. Bei der auswärtigen Kulturpolitik ist es gelungen, dass die Kürzungen nur 5,5 Prozent betragen, im Gegensatz zu 7,4 Prozent allgemeiner Kürzungen. Dennoch haben Sie Recht, denn die auswärtige Kulturpolitik ist ein relativ "preiswertes" Instrument, mit dem Konflikte im Vorfeld bearbeitet werden können, was billiger ist als mit Kriegen oder militärischen Einsätzen hinterher. Wir haben in der auswärtigen Kulturpolitik jedoch teilweise zu hohe Infrastrukturkosten, die zu Lasten der Programmmittel gehen. Hier muss eine Umstrukturierung erfolgen, zum Beispiel was das System der Auslandszulagen und die Umzugspauschalen angeht.

Was sind Ihre Ziele für die Kultur der Hauptstadt Berlin?

Der Kulturausschuss muss Debatten anstoßen, etwa zur Frage des Schlossplatzes, auch wenn einige Bundesländer sagen, die Bebauung des Schlossplatzes sei ja nun wirklich eine Berliner Angelegenheit. Das glaube ich nicht!

Vielen Parlamentariern aus NRW oder Bayern ist der Gedanke einer Hauptstadt auch als Kulturhauptstadt noch nicht geheuer.

Ich glaube, dass mittlerweile auch die Vertreter etwa aus NRW der Ansicht zustimmen, dass es eine besondere Verantwortung des Bundes für die Hauptstadt gibt. Und es gibt ja die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die als föderale Stiftung existiert. Wir haben auch andere Bund-Länder-Projekte wie zum Beispiel das Gedenkstättenkonzept überarbeitet und den Etat verdoppelt. Bund und Länder sind dabei jeweils mit 50 Prozent beteiligt. Das war der Grund dafür, warum ich mich immer dagegen gewehrt habe, dass der Bund die Topographie des Terrors übernimmt, denn die Topographie ist ein Teil der Gedenkstätten. Und wenn wir die Topographie zu 100 Prozent übernehmen, dann kommen andere, etwa Niedersachsen mit Bergen-Belsen, und wollen auch eine 100- prozentige Übernahme durch den Bund.

Aber würde es nicht Sinn machen, dass sich dort, wo die Zentrale des Schreckens war, die ja überhaupt erst in der Folge zu Gedenkstätten geführt hat, eine zentrale Verantwortung für den Bund ergibt?

Der Bund hat ja schon eine weitgehende Verantwortung für das Holocaust-Mahnmal übernommen. Dieses Mahnmal ist für mich eben etwas anderes als die Topographie des Terrors. Und ich möchte eine Diskussion mit den Ländern darüber vermeiden, ob man einzelne Bestandteile des Gedenkstättenkonzeptes herausbrechen kann.

Hat die Einrichtung des Kulturausschusses und die Einsetzung des Kulturstaatsministers während des ersten Jahres der Berliner Republik die Aufmerksamkeit der Parlamentarier dafür gestärkt hat, dass Kultur mehr ist als nur ein Teil der Freizeitgestaltung ?

Die Lobbyarbeit des Ausschusses und des Kulturstaatsministers hat dazu geführt, dass kulturpolitische Debatten nun nicht mehr nur in den Feuilletons geführt werden, sondern in der allgemeinen politischen Diskussion. Aber auch im Ausland hatte es eine enorme Wirkung, dass wir nun den Kulturstaatsminister und den Ausschuss als Ansprechpartner haben. Der Umzug nach Berlin hat für viele Parlamentarier mit sich gebracht, dass sie sehen, wie lebendig die Kulturszene in Berlin ist. In Bonn war es doch so, dass die Parlamentarier ihre Abende ausschließlich im Regierungsviertel verbracht haben und von einer Landesvertretung zur nächsten gezogen sind.

Wo gehen Sie denn selbst hin?

Ich versuche, alles ein bisschen zu erschnuppern. Ich war zuletzt in der Premiere von "Richard II." im Berliner Ensemble als auch in ein paar Kinos. Bei mir in Prenzlauer Berg läuft ja auch eine ganze Menge in der Off-Szene, etwa in der Kulturbrauerei.

Ist eigentlich das Kulturausschussmitglied Helmut Kohl schon einmal bei einer Sitzung aufgetaucht?

Noch nie. Bei der Anhörung zur Hauptstadtkultur letzte Woche kam immerhin Herr Schäuble. Den hatte ich da auch vorher noch nie gesehen.

Ist für Sie die alternative Kulturszene genauso wichtig wie die "Leuchttürme"?

Ich finde die Off-Szene besonders spannend, weil sie das aktuelle Leben in der Stadt, die aktuellen Debatten viel unmittelbarer ausdrückt als die Hochkultur. Und die Leuchttürme werden ja sowieso geschützt, weil jeder ein Interesse daran hat. Aber die "kleine" Kultur muss gefördert werden. Und dafür haben wir den Hauptstadtkulturfonds als Mittel der Projektförderung gestärkt.

Welches Buch lesen Sie im Moment?

Zuletzt habe ich Thea Dorns Krimi "Die Hirnkönigin" gelesen. Gespannt bin ich auch auf den neuen Harry Potter, den ich schon wegen meiner Kinder lesen möchte.

Sie haben jetzt den Vorsitz des B, eskulturaussch

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false