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Kultur: Motorisierte Skelette

KUNST

Andy Warhol persönlich zu treffen, dazu verspürte Robert Longo keine Lust. Denn der Vater des Konsumkults war für den 25 Jahre Jüngeren eine Art Klassenfeind. Doch als Antipoden ergänzen sie sich gut; in einer Gegenüberstellung von Auftragskunst der Sammlung DaimlerChrysler Contemporary, die – natürlich – dem Auto gewidmet ist: „Cars“ im Haus Huth (Alte Potsdamer Str. 5, bis 24. August). Longos schwarzweiße Graphit- Großformate enthüllen das Menschliche im Auto. Wie Rippenbögen schimmert eine Zylinder-Doppelreihe unter der geöffneten Motorhaube. Vier Mercedes-Modellen verleiht Robert Longo die Schönheit von Särgen. Warhols bonbonbunte Siebdruck-Straßenkreuzer dagegen sind Objekte von undurchdringlicher Aura. Mit solchen Arbeiten beendete der Pop-Artist seine 25-jährige Autoabstinenz. Die berüchtigten „Car-Crash“-Bilder waren in den Sechzigern der vorläufige Endpunkt gewesen. 1986 kam der Auftrag der Sammlung Daimler. 80 Bilder sollten es werden, 47 schaffte Warhol bis zu seinem Tod im Jahre 1987. Dass Anlass für die Auftragswerke der 100. Geburtstag des Automobilkonzerns war, macht nachvollziehbar, warum Warhol auch Benz’ Automodelle der Jahrhundertwende aufnahm. Nur: Die sehen wie Kutschen aus, man vermisst die Warhol-Stromlinie, die glatte Oberfläche, die süße Haut. Motorisierte Skelette, die besser in Robert Longos Sezier-Konzept gepasst hätten.

Jens Hinrichsen

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