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Kultur: Mozart, der Matriarch

Ein

von Christine LemkeMatwey

Dass Wolfgang Amadeus Mozart, der „Göttliche“, „das Kind“, erstens ein absolut nervtötender Zappelphilip gewesen ist und zweitens ein begnadeter Freund der Frauen, das weiß die Musikgeschichte schon lange. Zum Vergleich: Beethoven („der Mann“) hatte, taub wie er war, die Ruhe weg, und Schubert wiederum („die Frau“) besaß – naturgemäß, hi, hi – kaum Glück beim anderen Geschlecht. Mozart aber trommelte permanent Melodien und Rhythmen auf Küchentische und Kirchenbänke, schlief nie, schrieb all seine Kompositionen fixfertig aus dem Kopf ab, starb mit 34 an Erschöpfung und setzte der Frau in Gestalt von Konstanze-Blondchen-Susanna-Fiordiligi-Dorabella-Anna-Elvira-Vitellia-Pamina ein hellsichtig emanzipatorisches Denkmal.

Rechtzeitig zu seinem 250. Geburtstag am 27. Januar 2006 nun ist die Kunstwelt in der Frauenfrage zwei wesentliche Schritte weitergekommen. Zum einen hat der Ägyptologe Jan Assmann ein sehr kluges Buch geschrieben („Die Zauberflöte. Oper und Mysterium“, erscheint Mitte August), in dem ein Brief von Constanze Mozart an den Musikverlag Breitkopf&Härtel zitiert wird. Dieser wiederum kündigt „einen Aufsaz“ an, „grössentheils in der handschrift meines Mannes von einem Orden oder Geselschaft, die er einrichten wollte: Grotta genannt“. Diese Grotte, so legt Assmann nahe, wäre im Sinne des Mozartschen „Kosmoteismus“ die erste Freimaurerloge gewesen, die explizit auch Frauen zugelassen hätte. Leider starb Mozart vorher, und beim Verlag ist der genannte „Aufsaz“ tz, tz, tz verloren gegangen.

Zum anderen wurde in Salzburg gestern die 2,95 Meter hohe „Hommage an Mozart“ des deutschen Malers und Bildhauers Markus Lüpertz enthüllt. Die Bronzefigur auf dem Ursulinenplatz zeigt einen weiblichen Torso, dem eine doch ziemlich knollnasige, um nicht zu sagen: Loriot’sche Büste des Komponisten aufgesetzt ist – mit roten Lippen, blauen Augen und charakteristischem Mozart-Zopf. Mozart, der Matriarch? Mozart, die Mutter aller Musik? Beim Enthüllen der Skulptur, so meldeten die Agenturen, habe es wie aus Kübeln gegossen. Was sie auch noch meldeten: Helga Rabl- Stadler, die Präsidentin der Salzburger Festspiele, soll die ganze Zeit über eine Sonnenbrille getragen haben, ihrer entzündeten Augen wegen. Gerade in Sachen Frauensolidarität dürfte Mozart uns also noch einiges zu erzählen haben.

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