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Kultur: München, Widenmayerstraße 45

Guck, da wohnt Koeppen!, riefen sich einst die literaturverliebten Studenten auf ihren Isarufer-Spaziergängen zu – und was auch anderes als herrschaftlich wohnen konnte man in diesen prächtigen Gründerzeithäusern?

Guck, da wohnt Koeppen!, riefen sich einst die literaturverliebten Studenten auf ihren Isarufer-Spaziergängen zu – und was auch anderes als herrschaftlich wohnen konnte man in diesen prächtigen Gründerzeithäusern? Nein, nicht wirklich wohnen. Gehaust hat Wolfgang Koeppen eher in den vier Zimmern, die er von 1967 bis 1984 mit seiner trunksüchtigen Frau Marion teilte und irgendwann auch mit Hund und Vogel. An Wasserbottiche erinnern sich Besucher, an überall verstreutes Vogelfutter, verstreut zwischen vergilbenden Zeitungsgebirgen und zwischen Regalen, auf denen sich die Bücher schwindlig bogen wie in einem zum ewigen Augenblick gefrorenen Sturm.

Spät in Koeppens Leben besuchte ihn ein paarmal die Fotografin Nomi Baumgartl, sie hatte einen Auftrag vom „Zeit“-Magazin und später einen von der „Weltwoche“, und der in sich still gewordene Dichter ließ sie ein. Ein ganz den schönsten Künsten verpflichteter, kleiner Verlag hat aus der bildnerischen Ausbeute mancher Wohnungswanderung und verstreuter Gedanken Koeppens einen hinreißenden Erinnerungsband gemacht: Er zeigt einen Menschen, in seiner ganzen Haltung das Alleinsein gewohnt, einen Menschen mit wachem Blick. Nur in die Kamera sieht er fast nie. jal

Wolfgang Koeppen: Ich? Verlag Bibliothek der Provinz, A-3970 Weitra, 122 Seiten, 37 €.

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