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Münchner Synagoge: Juden haben gemischte Gefühle

Die Eröffnung der neu gebauten Münchner Synagoge wird nach den Worten eines der führenden Rabbiner bei den Juden in aller Welt mit gemischten Gefühlen gesehen.

München - "Unsere Gläubigen sind zwischen Hoffnung und Angst", sagte der Ratsvorsitzende des Jüdischen Weltkongresses, Rabbiner Israel Singer. Die jüngsten antisemitischen Vorfälle in Deutschland würden in der internationalen jüdischen Gemeinschaft genau registriert. Singer forderte die Bundesregierung auf, scharf gegen die Täter vorzugehen. "Wenn die deutsche Regierung nicht vorsichtig ist und die Einzelfälle bekämpft, wird Deutschland in der Welt wie ein krankes Land angesehen werden. Dieser Neubau am Münchner Jakobsplatz ist ein Barometer für die Gesundheit Deutschlands."

Singer betonte die besondere Bedeutung der Münchner Synagoge. Es sei das erste Mal seit Beginn der NS-Zeit, dass in Deutschland eine neue Synagoge an einem neuen Standort entstehe. In allen vorherigen Fällen seien entweder alte Synagogen restauriert oder Synagogen am Standort ihrer zerstörten Vorgängerbauten errichtet worden. Diese "total neue Erfindung" in der bayerischen Landeshauptstadt habe für das Verhältnis der Juden zu Deutschland eine besondere Bedeutung. "Wir planen jetzt für die Zukunft", sagte der US-Bürger.

Viele Kritiker des Neubaus

Mit Blick auf die deutsche Geschichte gebe es innerhalb des Judentums aber dennoch viele Kritiker des Neubaus. "Sie haben Angst, dass wir zu schnell sind im Vergeben." Viele Überlebende des Holocaust empfänden es auch als zynisch und Zumutung, ausgerechnet am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht von 1938, die Synagoge zu eröffnen. Andere dagegen wähnten in der Wahl des Datums ein Zeichen der Hoffnung.

Singer sieht in dem jüngsten Antisemitismus und dem Wiedererstarken der NPD vor allem ein ostdeutsches Problem. Mit der Wiedervereinigung seien "viele schlechte Sachen" in Deutschland dazu gekommen. In der DDR habe es keinerlei Aufarbeitung der NS-Zeit gegeben. Die neue Münchner Synagoge und das mit ihr entstandene jüdische Zentrum mit Kindergarten, Schule und Museum könnten nun allen Deutschen ein Zeichen geben für ein positives Zusammenleben mit den Juden.

Die nahe des Viktualienmarkts nach dreijähriger Bauzeit entstandene Synagoge wird geistliches Zentrum der Münchner israelitischen Kultusgemeinde, an deren Spitze die Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, steht. Der Jüdische Weltkongress war 1936 in Genf vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedrohung der Juden im nationalsozialistischen Deutschland gegründet worden. Heute versteht er sich als Vertretung aller außerhalb Israels lebenden Juden. (tso/AFP)

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