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Museum Schloss Moyland: Streit um Beuys-Erbe

Zerreißprobe am Niederrhein: Die Erben des vielseitigen Künstlers Joseph Beuys streiten über seinen Nachlass. Die Witwe beansprucht bedeutende Werke aus der Museumsstiftung Schloss Moyland für sich.

Schon zu Lebzeiten hat Joseph Beuys sein Publikum bekanntlich gespalten. Ein Vierteljahrhundert nach dem Tod des Künstlers vermag er das offenbar immer noch. Zurzeit stehen sich am Niederrhein jene Protagonisten unversöhnlich gegenüber, die das Erbe von Beuys verwalten.

Bettina Paust tut dies im Museum Schloss Moyland bei Kleve. Sie will das Gebäude bis Herbst 2011 für architektonische Maßnahmen schließen und in den verbleibenden Räumen Anfang September eine klug konzipierte Ausstellung „Energieplan“ über das Frühwerk von Joseph Beuys eröffnen. Der seit einiger Zeit schwelende Streit, der schon lange vor ihrer Berufung zur Künstlerischen Direktorin im letzten Jahr begonnen hatte, könnte nun neu eskalieren. Da Paust dort zuvor in anderen Funktionen tätig war, wird sie für den jahrelangen laxen Umgang des Hauses mit Beuys’ lichtempfindlichen Zeichnungen mitverantwortlich gemacht – und auch für jene krude Hängung in mehreren Reihen übereinander, die der Beuys-Sammler Hans van der Grinten 1997 zur Eröffnung des Hauses diktiert hat.

Die Witwe des Künstlers, Eva Beuys, fordert seit längerem Werke aus dem Bestand der imposanten Sammlung zurück, die im Jahr 2000 in eine Museumsstiftung übergegangen ist. Es sei nur die Freundschaft zwischen Künstler und Sammler, so argumentieren ihre Anwälte, die Werke und Archivmaterial in die Stiftung gebracht habe. Aber sie gehörten den Brüdern van der Grinten eigentlich gar nicht.

Auf Moyland weist man solche Ansprüche zurück, das Gutachten eines Experten für Stiftungsrecht erklärt sie für unberechtigt. In einem anderen Fall wurde Eva Beuys jedoch Recht zugesprochen: Im Mai 2009 setzte sie über die Verwertungsgesellschaft VG Bild-Kunst mithilfe einer einstweiligen Verfügung durch, dass mehrere Fotografien einer BeuysPerformance aus der laufenden Ausstellung entfernt wurden. Das Düsseldorfer Landgericht kam zu dem Schluss, dass man die Nutzungsrechte zuvor bei der Witwe hätte einholen müssen.

Wenig später legte Heiner Bastian nach. Der ehemalige Sekretär des Künstlers schrieb nach einem Besuch auf Schloss Moyland über die „katastrophalen konservatorischen Zustände“ und verfasste im November 2009 eine Petition, die von rund 70 Künstlern unterzeichnet wurde. Bastians Fazit: Ein Teil der Zeichnungen sei durch die jahrelange Hängung und einen viel zu starken Lichteinfall wahrscheinlich irreversibel geschädigt, der Umgang mit dem Werk eines zentralen Künstlers für das 20. Jahrhundert eine „nationale Schande und liederlich“.

Dass die promovierte Kunsthistorikern Bettina Paust mit dem Umbau und der Ausstellung im September einen Neuanfang auf Moyland wagt, lässt Bastian nicht gelten. Wer wie die jetzige Schloss-Herrin „ein Jahrzehnt täglich an dem Desaster vorbeispaziert“ sei, ohne die Stimme zu erheben, trägt seiner Ansicht nach eine Mitschuld. „Egal, in welcher Funktion er vorher am Haus tätig war.“ Bastian wird weiterkämpfen und sich in der neuen nordrhein-westfälischen Landesregierung Partner suchen, damit die Sammlung mit ihren knapp 1300 Werken künftig „adäquat“ untergebracht wird.

Als weiterer mächtiger Gegenspieler agiert die VG Bild-Kunst. Seit knapp einem Jahr erteilt sie der Stiftung keine Genehmigung mehr, Werke von Beuys auf Einladungen, Plakaten oder in Katalogen abzudrucken. Auf Weisung der Witwe und mit Verweis auf das Nutzungsrecht. Der Katalog zur „Energiefeld“-Ausstellung darf deshalb nur im Museum Schloss Moyland verkauft werden, in anderen Museumsshops oder gar Buchhandlungen wird man ihn vergeblich suchen.

Mitten in dieser juristischen Zerreißprobe hat Bettina Paust einen schweren Stand, noch bevor ihre erste Ausstellung am Niederrhein eröffnet. Es scheint, hier geht es weniger um die Aktivitäten (und das Versäumnis) Einzelner als darum, wer seine Machtposition für die Zukunft zu festigen weiß. Christiane Meixner

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