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Kultur: Museumsshop ohne Museum

Wer durch die Hackeschen Höfe schlendert, kann sie nicht übersehen. In Hof III locken Lebkuchenherzen die Touristen, die sich täglich zu tausenden durch die Anlage voller Kunst, Kultur und Kommerz quälen.

Wer durch die Hackeschen Höfe schlendert, kann sie nicht übersehen. In Hof III locken Lebkuchenherzen die Touristen, die sich täglich zu tausenden durch die Anlage voller Kunst, Kultur und Kommerz quälen. Und dabei gern Geld ausgeben. Die Herzen sind mit Zuckerwerk verziert. Schön kitschig denkt man, um dann schnell eines Besseren belehrt zu werden. Denn da sind keine Rummel-Sprüche à la "Ich habe dich zum fressen gern" zu lesen, sondern "Sohn zerhackt Vater" und "158 x missbraucht". Also nichts mit lustig. Hier muß es sich um Kunst handeln. Tatsächlich: Es sind Arbeiten von Barbara Caveng.Seit zwei Wochen wird in dem architektonisch interessanten gläsernen Pavillon Kunst verkauft. Das Ganze trägt den sinnigen Namen "KunstKonsum" und ist ein Projekt von Galerist und Kulturmanager Matthias Arndt, seinem Kompagnon Alexander Wahrlich und dem Galeristen und Kunstverleger Lutz Fiebig. Früher stand an Stelle des Glaspavillons ein steinernes Trafohäuschen und diente als Minigalerie. Nach Entwürfen des Architekturbüros "nps + Partner" wurde der transparente Pavillon Anfang dieses Jahres errichtet. Lutz Fiebig realisierte hier drei Ausstellungen. Jetzt also KunstKonsum: Der Name ist Programm. "Kunstpostkarten versus Ansichtskarten", ließe sich die Idee dieses neuen Ladentyps auf einen Nenner bringen. Museumsshop ohne Museum (freilich auch ohne Matisse-Aschenbecher) könnte man sagen."Unser Programm" erklärt Lutz Fiebig, "richtet sich nach dem touristischen Publikum und umfaßt im Kern zeitgenössische Auflagenkunst und Designerstücke internationaler Provenienz." Mit Berliner Touch. Unter den rund 200 Kunstpostkarten fallen die von Christian Rothmann ins Auge. Er hat das Brandenburger Tor in den vielfältigsten Varianten aufs Papier gebracht. Für alle Karten sind 1,50 Mark zu berappen. Wer lieber ein kleines Multiple mitnehmen will, muß tiefer in die Tasche greifen. "Do it yourself" von Günther Uecker etwa kostet 495 Mark. Von zwei Nägeln gehalten, ruht ein Hammer auf einem Stück Holz. Oder darf es ein signierter Farbholzschnitt von A. R. Penck für 980 Mark sein?Billiger wird es bei den Plakaten, da gibt es ein lustiges der "Bewegung NURR" schon für schlappe fünf Mark. Dazu gesellt sich in Regalen und Vitrinen - wie in einem richtigen Konsum (DDR-Deutsch für Verkaufseinrichtung) eben auch - viel Kunst: Fotografien, Druckgraphiken, Künstlerbücher, Kataloge, CDs, viele Multiples und Kunst mit Gebrauchswert, wie Feuerzeuge von Georg Schweitzer oder Kondome von Stella Pfeiffer.

KunstKonsum, Rosenthaler Straße 40, Hof III, täglich 12 - 22 Uhr.

ANDREAS HERGETH

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