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Kultur: Musik in Berlin: Bis an die Grenzen des Möglichen

Der außergewöhnliche Charakter des Festkonzertes zum 50-jährigen Bestehen des Berliner Sinfonie-Orchesters erwies sich schon daran, dass es mit einer Uraufführung begann, die einen so spontanen Applaus auslöste, wie das bei zeitgenössischer Musik nur selten der Fall ist. Die glanzvoll aus der Taufe gehobene Jubiläumskomposition hatte freilich nicht, wie eigentlich zu erwarten, ein dem BSO besonders verbundener Berliner Komponist, sondern der 76-jährige Wiener Friedrich Cerha im Auftrag des Konzerthauses geschrieben.

Der außergewöhnliche Charakter des Festkonzertes zum 50-jährigen Bestehen des Berliner Sinfonie-Orchesters erwies sich schon daran, dass es mit einer Uraufführung begann, die einen so spontanen Applaus auslöste, wie das bei zeitgenössischer Musik nur selten der Fall ist. Die glanzvoll aus der Taufe gehobene Jubiläumskomposition hatte freilich nicht, wie eigentlich zu erwarten, ein dem BSO besonders verbundener Berliner Komponist, sondern der 76-jährige Wiener Friedrich Cerha im Auftrag des Konzerthauses geschrieben. Durch die bedeutsame Komplettierung der Alban-Berg-Oper "Lulu" und seine eigene Brecht-Oper "Baal" ist er allerdings kein Unbekannter an der Spree. Sein hochexpressiv aufgefächerter und zugleich brisant zersplitterter "Hymnus" für großes Orchester fordert zum intensiven Hinhören heraus, da er allen herkömmlichen Erwartungshaltungen gegenüber einem festlichen "Lobgesang" konsequent zuwider handelt. Cerhas "Hymnus" mit den sich reibenden Mikrostrukturen, den sich oft schrill überlagernden Klangflächen ist ein extrem vielstimmiger, scharf verdichteter und verfremdeter Orchestergesang im Stil des nicht mehr ganz neuen Sonorismus, der aus amorphen Urtiefen aufsteigt und am Ende ohne jeden Hoffnungsschimmer ersterbend dahin zurückfließt. Trotzdem ist dieser orchestrale "Lobgesang" zugleich ein sehr wirksames, finessenreiches, sogar raffiniert gebautes Orchesterstück.

Ein großer Bogen

Der an diesem Abend überaus ekstatisch dirigierende Eliahu Inbal und das mit prasselnder Bravour musizierende BSO wurden schon nach dieser Uraufführung gefeiert. Und nach dem furios herausgeschleuderten Finale von Mahlers "Fünfter" gab es Standing ovations. Inbal, der mit einem so intelligenten wie hoch emotionalen Gestaltungsvermögen alle fünf Sätze der cis-Moll-Sinfonie von Mahler unter einen großen Bogen zwang, trieb das Orchester bis an die Grenzen des Möglichen. Sogleich der Trauermarsch zog in aufrührerischer Wildheit vorüber. Blitzartig kamen danach die gewittrigen Umschwünge im zweiten Satz. Kein Mangel an knisternder Dramatik. Dem Adagietto fehlte es dagegen nicht an einem zauberhaft leichten, beseelten Espressivo. Das war ein Mahler, wie man ihn selten erlebt - in einem großartig gestaffelten Stil und einer fast szenischen Bildkraft. Um ein Spitzenorchester in dieser exzellenten Musizierform dürfte man sich hinsichtlich seiner Zukunft eigentlich keine Sorgen machen.

Eckart Schwinger

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