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Kultur: Musik in Berlin: Dann der Absturz in todernste Tiefen

"U"- und "E"-Musik trafen sich an diesem Abend im kleinen Saal des Konzerthauses auf hohem Niveau. Mozarts C-Dur Quartett KV 157 und Tschaikowskis Streichsextett d-Moll op.

"U"- und "E"-Musik trafen sich an diesem Abend im kleinen Saal des Konzerthauses auf hohem Niveau. Mozarts C-Dur Quartett KV 157 und Tschaikowskis Streichsextett d-Moll op. 70 "Souvenir de Florence" ließ das Vogler-Quartett in einem virtuosen Höhenflug vorüber segeln, während es das Streichquartett Nr. 8 c-Moll op. 110 von Schostakowitsch in den erdenklich tragischsten Bezirken ansiedelte.

Beim frühen Mozart-Quartett wurde bei aller spielerischen Ausgelassenheit allerdings auch der vorwärtsdrängende Geist des Siebzehnjährigen, das schon leicht stolze Andersseinwollen als die alten italienischen Vorbilder durch manche scharfe Akzente verdeutlicht. Auch bei dem Tschaikowski, erstklassig verstärkt durch die Bratscherin Tatjana Masurenko und den Cellovirtuosen Peter Bruns, wurde heftig am herkömmlichen Bild des unterhaltsamen Stückes gerüttelt. Das Ganze wälzte sich wie glühende Lava vom Podium herunter. Da wurden zwar fast ausschließlich dynamische Extremwerte und fulminante Zuspitzungen produziert, aber Spaß hat es in dieser rasanten und superpräzisen Form gemacht. Am Ende raste auch das Publikum.

In der Mitte des Abends gab es den jähen Absturz in die todernsten Tiefen des achten Streichquartetts von Schostakowitsch. Früher galt es ausschließlich als ein Werk, das den Opfern des Nationalsozialismus und des Krieges gewidmet ist. Inzwischen weiß man, dass das mit den Tonfolgen aus seinem Namen (D-Es-C-H) durchsetzte c-Moll-Quartett, in das viel Autobiographisches und viele Selbstzitate eingeflossen sind, auch als erschütternder Ausdruck seiner "geistigen Gefangenschaft" zu verstehen ist. Und so musizierte es auch das Vogler-Quartett mit einer beklemmenden Spannung und Variabilität des Leisen und Fahlen, einer ständigen Abwandlung und Verdichtung des Tragischen. In einer aufwühlend ruhigen Haltung und gestalterischen Weite wurden die drei schmerzhaften Largosätze ausgelotet. Die mal wütend um sich schlagenden, mal schaurig verzerrten schnellen Sätze mit ihrer oft klanglichen Roheit gingen nicht minder unter die Haut.

Eckart Schwinger

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