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Jan-Frederik Frese

© Mike Wolff

Kultur: My Suicide

Von Jan-Frederik Frese, 18 Jahre

Der 17-jährige Archie Williams (Gabriel Sunday) will den Moment filmen, in dem er aus dem Leben scheidet. Er hat keinen Krebs, er leidet nicht an einer unheilbaren Autoimmunerkrankung, er fühlt sich einfach nur leer. Wenn er nicht in der Schule ist, wo er alles bis ins kleinste Detail filmt, sitzt er zu Hause und filmt sich selbst; sein Leben erträgt er nur noch durch die Kamera. Er erstellt Collagen aus vielen kleinen Bildschnipseln und Sequenzen – aber so groß und gewaltig seine Kurzfilme sind, so klein fühlt er sich selbst.

Seine Eltern und die Erwachsenen im Allgemeinen klagt Archie der Teilnahmlosigkeit an. Erst als er ankündigt, dass er sich umbringen wird, schenkt man ihm Beachtung – doch die Aufmerksamkeit von Polizei und Psychologen will und braucht er nicht. Als sich Sierra, seine geheime Liebe, plötzlich für ihn interessiert, beginnt er zu erwachen und wird in einen Strudel noch dunklerer Emotionen gerissen.

Dass Gabriel Sunday sich durch diesen Film bewegt, als sei er für ihn gemacht, ist kein Zufall, denn er hat auch am Drehbuch mitgeschrieben. Regisseur David Lee Miller liefert mit „My Suicide“ eine Studie unserer Generation ab. Die bittere Selbstironie, mit der Archie sein Leben und das seiner Mitschüler kommentiert, ist brutal ehrlich. Zu Beginn amüsiert man sich noch über die atemberaubend komplizierten Animationen, doch das Lachen bleibt einem bald im Halse stecken. Nichts an diesem Film soll schön sein. „My Suicide“ ist ein Kunstwerk, das die Augen dafür öffnet, wie wenig wir verstehen von dem, was in unseren Mitmenschen vor sich geht. Das Drehbuch hätte schon für einen besonderen Film gereicht. Die aufwendige Machart und die außergewöhnlichen Schauspieler machen ihn großartig.

Heute 19.30 Uhr (Cinemaxx 3), 11.2., 16.30 Uhr (Cinemaxx 3), 12.2., 9 Uhr und 15.2., 14.30 Uhr (jeweils Babylon Mitte).

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