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Kultur: Nach der Eiszeit

Das zweite Leben des Karlsruher Museums für Neue Kunst

Ein Sammlermuseum ist so gut wie seine Sammler und deren Schätze. Dieser schlichten wie verlockenden Logik hat sich das Karlsruher Museum für Neue Kunst seit seiner Gründung vor fünf Jahren verschrieben. Die Sammler heißen Burda, Froehlich, Grässlin, Friedrich Erwin Rentschler und Weishaupt. Die Idee, deren Sammlungen langfristig an das dem Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) angegliederte Museum zu binden, geht auf eine Initiative des Gründungsdirektors Götz Adriani zurück.

Als Adriani nun aber vor seinem dramatischen Abgang zu Monatsbeginn die Idee des Sammlermuseums in Frage stellte, sorgte das für höchste Irritation. Und doch traf er in einem Punkt zielgenau: bei der Frage, wie ein solches Haus interessant bespielt werden könnte. Denn was anfangs von Sammlern und Museum als Liebesheirat gefeiert wurde, erwies sich als zunehmend lustlose Zweckgemeinschaft.

Im Lichthof des Museums sollten Wechselausstellungen von Franz West, Keith Haring oder Martin Kippenberger Besucher anlocken, während die Sammlungen im Obergeschoss den Anschein machten, nurmehr verwaltet zu werden. Dass die Sammler darüber wenig glücklich waren, ist kein Geheimnis. Dass sie – wie im Falle Burda und Weishaupt – künftig mit eigenen Museumsbauten auf mehr Aufmerksamkeit hoffen, ist ebenfalls nachvollziehbar. Dass aber das Karlsruher Museum für Neue Kunst wegen der geplanten Veräußerung einiger Arbeiten aus Rentschlers Sammlung ein „Stadium galoppierender Schwindsucht“ erreicht habe, wie die „Stuttgarter Zeitung“ schrieb, ist übertrieben. Lediglich drei Werke seien davon betroffen, so eine Pressesprecherin des Ministeriums; der Verkauf diene einer „Arrondierung der Sammlung“.

Von „Auszehrung“ will auch Peter Weibel nichts wissen, der nun in Personalunion sowohl das ZKM als auch das Museum leitet. Den Generalverdacht, man wolle das jährlich mit drei Millionen Euro bezuschusste Haus am langen Arm verhungern lassen, weiß der Doppeldirektor kämpferisch auszuräumen. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Adriani werde er dafür sorgen, dass das Sammlermuseum lebendig bleibe. So soll die räumliche Isolation der Sammlungen künftig durch integrierte Wechselausstellungen aufgehoben werden. Und den Verlust aus der Sammlung Rentschler pariert Weibel mit dem Verweis auf 200 Polke-Zeichnungen, die ihm Joseph Froehlich zugesagt habe.

Nicht nur die Stammsammler, so Weibel gegenüber dem Tagesspiegel, hätten sich „mehr denn je bereit erklärt, die Arbeit des Museums zu unterstützen“. Er mache sich gar Hoffnungen auf zwei weitere Kollektionen: auf die Sammlung der Landesbank Baden-Württemberg, dazu auf Teile der eher jüngere Künstler präsentierenden Sammlung Boros, die eigentlich komplett in Berlin gezeigt werden sollte.

Dass ein Sammlermuseum nur so gut ist wie seine Zuträger, weiß Peter Weibel selbst am besten. Und darüber hinaus: wie man ein totgesagtes Museum am Leben erhält.

Ralf Christofori

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