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© dpa

Nachruf: Luftgeist

Ein Türöffner: Der Galerist Klaus Werner ist tot. In der nichtoffiziellen DDR-Kunstszene war er eine Berühmtheit.

Die Ausstellungseröffnung zu seinen Ehren Anfang September 2009 in der Berliner Galerie Parterre fand mit hunderten Gästen, aber ohne ihn statt. Und fragen, wie es war mit der Schließung der legendären Ost-Berliner Galerie Arkade, konnte man ihn auch nicht mehr. Die letzten Jahre verbrachte Klaus Werner, an Alzheimer erkrankt, in einem Pflegeheim. Am Freitag ist der Kunstwissenschaftler, Galerist, Publizist, Museumsgründer und Hochschulrektor in Leipzig gestorben.

In der nichtoffiziellen Kunstszene der DDR war Werner eine Berühmtheit – weil sich der begnadete Kunstvermittler eine innere Freiheit bewahrte, die im Osten Seltenheitswert hatte. „Für die Kultur war Klaus Werner zuständig“, erinnert sich der Chemnitzer Maler Michael Morgner an die von Werner initiierten Künster-Pleinairs in der ostdeutschen Provinz.

1981, beim Pleinair im mecklenburgischen Gallenthin, hatte Werner aus Sicht der SED den Bogen überspannt: weil er eine Performance Morgners mit einer aus der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin geschmuggelten Videokamera dokumentierte; und weil mit dem extra aus Heidelberg angereisten Klaus Staeck – ein guter Freund Werners – eine Künstlermappe mit Beiträgen aus Ost und West verabredet wurde. Was keiner wusste: Die Stasi saß mit am Tisch.

Nur Tage später wurde Klaus Werner als Galerieleiter fristlos entlassen – nach 67 Einzelausstellungen unter seiner Verantwortung. Die Ausstellungseröffnungen in der Arkade am Strausberger Platz 4 waren in der kleinen DDR republikweit Künstlergespräch. Werner zeigte neben jungen Wilden lange verkannte Altmeister: Hermann Glöckner, Carlfriedrich Claus, den wunderbaren Robert Rehfeldt.

Es gehört zu den Absonderlichkeiten der DDR-Geschichte der achtziger Jahre, dass Werner nach seinem Rausschmiss irgendwie weitermachen konnte. Er schrieb Bücher, gründete mit Erhard Monden, Horst Bartnig und anderen im Prenzlauer Berg einen Projektraum, tingelte von Ausstellungseröffnung zu Ausstellungseröffnung. In Leipzig, wohin er 1984 gezogen war, entwickelte er mit dem Großindustriellen Arend Oetker die Idee zu einem Stiftermuseum für zeitgenössische (West-)Kunst. Und so wurde Werner, dem schon zu Ostzeiten „das Parfüm des Westens“ anhaftete (so der Leipziger Maler Hans Hendrik Grimmling), 1991 Gründungsdirektor der Leipziger Galerie für Zeitgenössische Kunst.

Von 2000 bis 2003 war er Rektor der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst – und Mitglied unzähliger Jurys, Verbände, Kommissionen. Eine Art Ehrenossi im Kunstbetrieb. Dass Werner im Westen angekommen war, haben ihm nicht alle alten Freunde verziehen. Schließlich kam die Krankheit, die Gespräche unmöglich machte. Klaus Werner wurde 69 Jahre alt. Seine Biografie wartet auf kluge Interpreten. Michael Zajonz

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