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Kultur: Nachwehende Gedanken der enttäuschten Liebe

Der Leiter des Kunsthauses Dresden, Harald Kunde, hat Werke von neun Berlinern versammelt, die im Medium Skulptur die Dekade repräsentieren sollen: Thomas Eller, Hans Hemmert, M.K.

Der Leiter des Kunsthauses Dresden, Harald Kunde, hat Werke von neun Berlinern versammelt, die im Medium Skulptur die Dekade repräsentieren sollen: Thomas Eller, Hans Hemmert, M.K.Kähne, Veronika Kellndorfer, Axel Lischke, Maren Roloff, Andrea Scrima, Markus Wirthmann, Georg Zey zeigen "Aspekte" der neunziger Jahre.Das Bild, das sich Auswärtige von den Berliner Szenen machen, ergänzt die Vorstellung, wie sie selber gesehen werden wollen.Beides zu sehen, bewahrt den Sinn für Humor.

Der Kurator verspricht eine spezifische Form der Skulptur und will "den Berliner Rhythmus einer vitalen Urbanität" erzeugen.Thomas Eller reiht in einem Schichtbild isolierte Gebäude zur Vedute: Republikpalast, Fernsehturm, Philharmonie fügen sich an italienische Paläste, fränkisches Fachwerk und Frankfurter Hochhäuser zur imaginären Stadtansicht.Revue der Baustile, Revue der Logos.Mit dieser Arbeit beginnt die Schau.Veronika Kellndorfer zeigt ein Video still beobachteten Straßengeschehens.Maren Roloff läßt im Innenhof Gummiskulpturen baumeln.Markus Wirthmann installierte eine Vereisungsmaschine.Der sonst gewitzte Hans Hemmert zeigt lediglich Fotos vereinzelter Skulpturen.Axel Lischke hüllt Möbel in Transparentfolie.

Das Bild von "Skulptur Berlin" erschließt sich im Sinne des isolierten Nebeneinanders von Thomas Ellers Vedute.Beliebig: Vor einiger Zeit zeigte der Kurator "Kunst aus Sachsen"; Werke jener Schau könnten eigentlich auch in dieser erscheinen.Andrea Scrima jedoch sticht heraus.Sie ließ ein Subjekt sprechen, schrieb an vier Wände die nachwehenden Gedanken einer enttäuschten Liebe.Die Schrift an der Wand verwandelt sich in Vorstellungen im Kopf des Lesenden, läßt kein isoliertes Einzelbild zu.Das Übermaß empfundenen Verlusts ruft wie ein fiebernder Bildsturz ein Bild ins andere.Dennoch vermag die Person, jede Regung zu rationalisieren.Der Blick ist ironisch wie fatal: so komme denn, was muß - das Muster einer Passion.Die Frau, die spricht, wechselt zwischen Innen- und Außenperspektive.Ihre Instanz ist Erfahrung im Spiegel der Kunst.Vielleicht wäre diese Einstellung als Leitmotiv angemessener gewesen als jene von Eller.Doch der Kurator entschied sich mit "Skulptur Berlin" zu einer Schau, die für Kunst dieser Stadt so erhellend ist wie Skulptur Rom, Malerei München oder Foto Brüssel.

Kunsthaus Dresden, bis 15.

PETER HERBSTREUTH (November)

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