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Kultur: Nägel im Ebenholz

Die teure Pariser Biennale des Antiquaires bekommt Konkurrenz

Ihr 25. Jubiläum feierte die Biennale in Paris im kleinen Kreis – wenn man 80 Kunst- und Antiquitätenhändler sowie sieben hochkarätige Juweliere als solchen bezeichnen möchte. Vor zwei Jahren waren es allerdings noch an die 100 Aussteller. Die Biennale des Antiquaires ist nach der Tefaf in Maastricht die bedeutendste Messe ihrer Art. Aber ihre Strahlkraft scheint nicht mehr so stark.

Manche renommierte Händler gehen andere Wege. Am pompösesten inszenieren Alexis und Nicolas Kugel ihren Alleingang in ihrem prächtigen dreistöckigen Stadthaus an der Seine. „Anticomania“ ist der Titel einer Schau der seit der Renaissance bis ins 18. Jahrhundert neu erwachten Liebe zur Antike. Der italienische Opernregisseur und Museumsdesigner Pier Luigi Pizzi hat dazu die berühmte Florentische Rotunde aus den Uffizien nachbauen lassen. Im sonnigen Gelb ist der Besucher noch bis Mitte Dezember umrundet von Skulpturen des 16. bis 18. Jahrhunderts, die das Ideal der Antike feiern. Solch eine Opulenz ist auf einem Messestand – und sei es auch im Grand Palais unter der riesigen Glaskuppel – nicht darzustellen. Ihr Fernbleiben von der Biennale begründen die Kugels so: „Unser Angebot ist so vielfältig, dass ein Auftritt dort nur ein kleines Resümee sein kann. Hier in unseren Räumen wollen wir mit Themenausstellungen alle zwei Jahre einen anderen Aspekt unserer Tätigkeit hervorheben.“

Auch die Bremer Galerie Neuse hat sich einen Ort gesucht, um bei der Biennale dabei, dort aber nicht präsent zu sein. An der eleganten Rue Faubourg Saint-Honoré ragen an der Fassade der auf Möbel verschiedener Epochen spezialisierten Galerie Aveline zwei riesige mit Blumengirlanden umschlungene Palmen auf. Sie markieren das gemeinsam entwickelte Projekt „Exotismus in der europäischen Kunst“. Auf höchstem Niveau deklinieren die beiden Kunsthändler anhand von fernen Ländern und Kulturen inspiriertes Kunsthandwerk in einer floralen Dschungeldekoration. Mal sind es die Themen, mal die Materialien, die zur Zeit ihrer Entstehung „exotisch“ waren: Elfenbein, Schildpatt, Perlmutt und Lack. Aus afrikanischem Ebenholz mit indischen Karneolen besetzt ist eine Spiegelkommode um 1835. Aus kubanischen Holz ein Sessel aus dem späten 18. Jahrundert, dessen Lehnen auf zwei ägyptischen Sphingen ruhen. Neuse steuert unter den vielen Kunstobjekten ein englisches Kabinettschränkchen mit Säulen um 1820 mit Intarsien aus Blüten, Vögeln und Früchten bei. Und so tanzen in der Galerie Aveline Löwen und Tiger, Papageien, Rhinozerosse, Schmetterlinge, Fische und chinesische Drachen über Tische und Bänke, Leinwände und Tapisserien. „Hier haben wir Platz und werden ganz anders wahrgenommen“, erklären die Bremer Partner. Die Verweildauer auf einem Messestand betrage maximal fünf Minuten. „Hier bleiben die Besucher meist mehr als eine Stunde“, sagt Volker Wurster, „und wir sind vier Wochen vor Ort.“ (bis 16.10.) Die längere Verweildauer weiß auch der Antiquar Heribert Tenschert zu schätzen, der sich bereits zum zweiten Mal in der Galerie Bresset am Quai Voltaire einquartiert hat, um 40 exzeptionelle Manuskripte des Mittelalters bis Ende September zu präsentieren. Er hat schon vor zwei Jahren ausgesprochen, was viele Kollegen nicht so direkt sagen: „Die Biennale ist zu teuer.“ 3000 Euro sind der nackte Quadratmeterpreis für neun Tage. Der Münchner Kunsthändler Konrad Bernheimer ist in diesem Jahr der einzige deutsche Teilnehmer an der Biennale: „Ich stehe hier nicht als nationaler Händler, sondern als international agierender Experte für Altmeistergemälde. Paris ist für mich ein Muss.“ Ganz klassisch zeigt Bernheimer ausschließlich sein Spezialgebiet in Petersburger Hängung im rot ausgeschlagenen Salon.

Viele andere Händler versuchen, ihre antike Ware im viel gepriesenen Crossover aufzupeppen. Das ist nicht immer gelungen. Eine knallrote Metallwandplastik von Cesar, eine luftig auf die Wand getuschte Anmutung einer Boiserie sind Experimente, das Tradierte mit dem Neuen in Verbindung zu bringen. Axel Vervoordt (Antwerpen) macht aus seinem Stand gleich eine Trilogie: im Zentrum eine klassische Bibliothek mit Sammlerstücken, links ein weißer Raum mit einer präkolumbianischen Maske und einem weißen Nagelbild von Günther Uecker, rechts ein schwarzes Kabinett mit informeller Malerei von expressivem Gestus. Kraemer (Paris) hatte das Oval Office aus dem Weißen Haus in Washington inklusive Klimaanlage nachbauen lassen, um es mit den exquisiten Möbeln des 18. Jahrhunderts auszustatten.

Claudia Herstatt

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