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Kultur: Neil Jordans Parapsycho-Thriller verfolgt einen Kindermörder

Wenn ein Regisseur Filme wie "The Crying Game" und "Interview mit einem Vampir" vorweisen kann, sollte man eigentlich annehmen, dass ihm von den Verleihern ein gewisser Starstatus zugestanden wird, dass jeder seiner Filme einen Platz im Kino erhält. Weit gefehlt!

Wenn ein Regisseur Filme wie "The Crying Game" und "Interview mit einem Vampir" vorweisen kann, sollte man eigentlich annehmen, dass ihm von den Verleihern ein gewisser Starstatus zugestanden wird, dass jeder seiner Filme einen Platz im Kino erhält. Weit gefehlt! Der Ire Neil Jordan sah schon sein letztes Werk "The Butcher Boy" trotz guter Berlinale-Kritiken stiefmütterlich behandelt, und auch für seine neueste Inszenierung "Jenseits der Träume - In Dreams" hat sich kein Verleiher so richtig stark gemacht. Jordans bester Film seit "The Crying Game" ist ein schwer beschreibbarer Genre-Mix aus parapsychologischem Horrorfilm und Melodram, der nur in zwei Berliner Kinos läuft.

Alles andere als ein schwieriger, sperriger Film, zielt "Jenseits der Träume" von Anfang an auf die Überwältigung des Zuschauers. Jordan stand der große Darius Khondji als Kameramann zur Verfügung, der für die Einleitung eine versunkene Stadt auf die Leinwand zaubert. Enttäuschten die letzten Jordan-Filme durch monotone, blaustichige Bilder, so schwelgt Khondji in seinen bewährten Gelb-, Braun- und Goldtönen. Zu einem frühen Höhepunkt kommt es, als die von Albträumen geplagte Kinderbuch-Illustratorin Claire Cooper (Annette Bening) ihre Tochter verliert: Ein Dutzend Mädchen, alle identisch als Feen verkleidet, führt in den Wäldern von New England ein Spiel auf, und der Zauber der Aufführung kontrastiert auf makabre Weise mit der Panik von Claire, die vergeblich versucht, unter den gleich gekleideten Kindern ihre Tochter zu finden.

Das Mädchen wird tot aus einem See geborgen, und in demselben See unternimmt die Mutter einen Selbstmordversuch. Man rettet sie gegen ihren Willen; die Alpträume gehen weiter. Einem Mädchenmörder mit dem Frauennamen Vivian (Robert Downey Jr.) ist es gelungen, in Claires Gehirn einzudringen. Nur der Wunsch, ihn zu vernichten, hält Claire noch am Leben. Die im Hinblick auf Zuschauersympathien undankbare Rolle wird von Annette Bening mit bewundernswerter Konsequenz gespielt. Claire Cooper ist eine verbitterte, aggressive Frau ohne Aussicht auf ein Happy-End - dem Tod der Tochter folgt auch der des Ehemanns (Aidan Quinn). Bening schielt nicht nach dem Publikum, spielt ihre unangenehmen Züge voll aus und gibt sich dabei nicht so nobel wie Meryl Streep, wenn sie auf hässlich macht. Dass sie nicht als geborene Hysterikerin erscheint, ist der wehmütigen Musik von Elliott Goldenthal zu verdanken, die an die Ursache ihrer Verbitterung erinnert. Freunde des konventionellen Horrors können sich an einem Massaker erfreuen, bei dem Äpfel eine wichtige Rolle spielen: Äpfel erfüllen bei Jordan dieselbe Funktion wie sonst Spinnen oder Schlangen. Wer diesen Film gesehen hat, wird vorerst keine Äpfel mehr essen - jedenfalls keine roten.In Berlin in den Kinos Central (Originalversion) und im Filmkunst 66

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