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Neil Young 2016 beim Roskilde Festival.

© dpa/Nils Meilvang

Neil Young: Kampf um den besten Klang

Neil Young bietet sein Gesamtwerk frei im Internet an. Was auf den ersten Blick sensationell klingt, relativiert sich beim genaueren Hinsehen.

Es klingt erst einmal überwältigend gut und sensationell, was Neil Young jetzt wieder unternommen hat, kurz nach Veröffentlichung seines jüngsten Albums „The Visitors“ mit der Band Promise of the Real: Er bietet ab sofort sein Werkarchiv unter www.neilyoungarchives.com als frei zugänglichen Stream an, darunter zehn bislang unveröffentlichte Alben, zurückgehend bis ins Jahr 1963 und seiner mit den Squires veröffentlichten Surf-Single „The Sultan“. All das zunächst kostenlos, ab Sommer 2018 will Young dann „eine geringe Gebühr“ erheben.

Was für eingefleischte Fans sicher ein Fest werden dürfte, gerade hinsichtlich des bislang unveröffentlichten Materials, relativiert sich für den eher durchschnittlichen Young-Liebhaber allein dadurch, dass ein Großteil des Werks von Neil Young bei den einschlägigen Streamingdiensten wie Spotify, Apple oder Tidal sowieso zu haben ist. Aber, wie Young behauptet, in viel schlechterer Klangqualität als auf seinem in jahrelanger Arbeit mit einer Firma aus Singapur entwickelten Streamingportal, auf dem mehr Daten sind, die Auflösungen besser und damit der Klang und überhaupt: „Ich liebe es, Musik auf diese Weise zu hören. Es gibt keine andere Möglichkeit auf dieser Welt, Musik in dieser Audio-Qualität zu hören und zu entdecken.“ Was vielleicht sein mag. Doch zum einen braucht es für den Neil-Young-Stream ein eigenes, wenn auch kostenloses Login, zum anderen läuft er bislang nur auf dem PC, nicht auf mobilen Geräten, und darf es auch sonst an geeignetem Zubehör wie besonders sensiblen Kopfhörern oder Lautsprecherboxen nicht fehlen.

Er ist ein don-chichottesker Streiter

Nun muss man wissen, dass Young schon zu Zeiten der CD-Einführung oft über die viel miesere Klangqualität im Vergleich zum Vinyl geschimpft hatte, er seitdem seinen ein wenig don-quichottesken, hippiemäßig-starrsinnigen Kampf gegen die Musikindustrie und deren Formate kämpft, gerade den für einen besseren Klang. Ihm geht es um die Sache, nicht um einen PR-Coup, und das Geld, dass so eine Stream-Entwicklung kostet, investiert er gern, wobei allerdings ein paar weniger Einnahmen durch die Ausschüttungen der üblichen Streamingdienste kaum ins Gewicht fallen dürften. Wäre er wirklich konsequent, würde Neil Young seine Alben nicht mehr bei Spotify und Co. anbieten. Insofern relativiert sich das Sensationelle dieser zunächst kostenlosen Möglichkeit, auf das gesamte Werk eines der größten und produktivsten Rockstars der vergangenen Jahrzehnte vollständig zurückgreifen zu können. Am Ende findet sich doch auch von Neil Young alles überall, die „The Sultan“-Single zum Beispiel bei Youtube. Überdies haben Klangfetischismus und Pop schon immer ein Problem miteinander gehabt.

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