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Arp-Museum

© Arp-Stiftung

Neubau: Der Weißheit letzter Schluss

Der Stararchitekt Richard Meier pflanzt einen Museumsneubau nach Rolandseck, inmitten der Hänge des Rheins.

Warum es am Rhein so schön ist, wird an einem verregneten Vormittag buchstäblich nicht ganz deutlich. Dauerregen ergießt sich ins Tal, das nahe Siebengebirge verschwindet im Nebel. Und dennoch: Die Fahrt über den Fluss mit der tuckernden Autofähre von Bad Honnef, vorbei an der Klosterinsel Nonnenwerth, ist eine erhebende Sache. Wir steuern direkt auf den Bahnhof Rolandseck zu. Das 1858 eingeweihte Belvedere mit Gleisanschluss an der Strecke Bonn–Koblenz wird seit seiner vorbildlichen Renovierung 2004 als Museum und Ausflugsrestaurant genutzt. Auch Regionalzüge halten noch.

Rechts über dem wilhelminischen Audienz-Bahnhof im dichten Laubwald steht, ach was, schwebt Richard Meiers spektakulärer Neubau des Arp-Museums Bahnhof Rolandseck – wie fast immer beim amerikanischen Maestro in strahlendem Weiß. Ein glücklich an den Hängen des Rheinufers gestrandeter Ozeanliner. Und zugleich die logische Fortführung des Bahnhofsklassizismus.

Am 28. September soll das Museum eröffnet werden. Sehen wird man künftig neben Werken des Künstlerpaars Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp aus dem Nachlass und zugekauften Beständen auch Arbeiten zeitgenössischer Künstler. Etwa von Anselm Kiefer, dem Museumsdirektor Klaus Gallwitz eine ganze Etage des lichtdurchfluteten Neubaus einräumen will. Noch mag man es kaum glauben, dass die Bauleute das 25,4 Millionen Euro teure Prestigeprojekt des Landes Rheinland-Pfalz rechtzeitig fertigstellen werden. Überall wird gewerkelt. Und die Vorgeschichte des Meier-Baus war, wie die Gründung des Arp-Museums insgesamt, eine Serie von Pleiten, Pech und Pannen.

Nachgedacht wird über einen Museumsneubau seit fast dreißig Jahren. Was als Privatinitiative eines Sammler- und Künstlerkreises begann, wurde irgendwann durch die Gründung mehrerer Stiftungen unter öffentlicher Beteiligung institutionalisiert. Schwierigkeiten gab es bei dieser Public-Private-Partnership zuhauf: mit dem nur vorläufig beigelegten Streit über posthume Skulpturenneugüsse aus Arps Nachlass; mit der Finanzierung von Renovierung und Neubau, die schließlich zur Hälfte aus dem BonnBerlin-Ausgleichsfonds bestritten worden ist; mit der Suche nach dem geeigneten Standort für Meiers Neubau. Museumsdirektoren sind darüber gestolpert.

Beinahe hätte auch der Architekt alles hingeschmissen. Seit Ende der achtziger Jahre hat der 1934 geborene New Yorker Entwürfe für einen zeichenhaften Museumsbau oberhalb von Rolandseck entwickelt – um schließlich im März 2000 entnervt per Fax mitzuteilen, dass für ihn das Projekt ad acta gelegt sei. Nur durch die Vermittlung der Mainzer Staatskanzlei konnte man Meier Ende 2000 zum Durchhalten bewegen.

Was nun inmitten sattgrüner Hänge oberhalb des Rheinufers leuchtet, ist trotz bewegter Planungsgeschichte ein typischer, in Teilen sogar brillanter Meier geworden. Das vom Baden-Badener Museum Frieder Burda bekannte Spiel gegeneinander versetzter Wandscheiben wird bei dem in Nord-Süd-Richtung ausgerichteten Arp-Museum zu höchster Raffinesse verfeinert. Zwischen geschlossenen Flächen ergeben sich besonders an der ostwärts zum Rhein gelegenen Seite atemberaubende Ausblicke, die es der Kunst schwer machen werden, nicht zum dekorativen Nebenmoment zu werden.

Auf drei Geschosse verteilen sich die 2900 Quadratmeter Nutzfläche in Meiers Museumsbox. Eine lichte Treppe über dem Hang und vertikale Durchblicke entlang der Fassaden verbinden sie zu einem großartigen Raumkontinuum. Oben gibt es zwei durch Wandscheiben geteilte Ausstellungsebenen, darunter Depots und ein paar Büros. Das ursprünglich geplante Depot- und Verwaltungsgebäude ist dem Kostendruck zum Opfer gefallen. Zum Glück: Die beinahe philosophische Zweisamkeit von Alt- und Neubau wird so durch nichts gestört.

Der alte Bahnhof wird künftig auch der Besuchereingang zum Neubau sein. Von seinem neuen Foyer im Sockelgeschoss aus betritt man einen 40 Meter langen Gang, der die Gleise unterquert, um nach rechts treppauf zu steigen und erstmals wieder Tageslicht zu sehen. Nun knickt es in einen weiteren, bergmännisch vorangetriebenen 40-Meter-Tunnel ab. An seinem Ende steigen zwei Aufzüge durch den Berg bis in den mit Milchglas verkleideten konischen Turm vor dem Neubau auf. Endlich darf man sich ins weite Land blickend wie ein Schlossherr fühlen. Noch eine glasverkleidete Brücke, und man steht im mittleren Geschoss des Neubaus. Auch wenn Meier diesen Anmarschweg in Licht und Schatten taucht und die Museumsleute Kunststationen wie die wunderbare Neon-Schlange von Barbara Trautmann eingebaut haben, bleibt die unterirdische Erschließung in Meiers Konzept ein gewöhnungsbedürftiges Unterfangen.

Drei große Bs – Bahnhof, Bergwerk, Burg – nennt Klaus Gallwitz, als Gründungsdirektor des Frieder-Burda-Museums mit Meier bestens vertraut, als Signum seines neuen Hauses. Klar ist jedenfalls: Bahnhof und Meier-Bau können nur zusammen glücklich werden. Ein schönes Paar sind sie schon jetzt.

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