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Netzwerker. Ivo Wessel, hier auf einem Bild aus dem Jahr 2007, sammelt auf seiner Plattform Geschichten.

© Doris Spiekermann-Klaas

Neue App für Sammler: Gallery Weekend: Schatz, wo bist du?

Der Berliner Sammler und Softwarespezialist Ivo Wessel entwickelt eine App für Dingesucher.

Auf so eine Idee kann eigentlich bloß ein Sammler kommen. Einer wie Ivo Wessel, der hauptberuflich als Softwarespezialist arbeitet. „In best Hands“ heißt seine jüngste Erfindung: Eine App – bislang leider nur für Apple-Geräte –, die Sammlern das Suchen erleichtern soll, statt wie sonst vor allem als Plattform für Anbieter zu fungieren. Aber die Suchenden müssen dafür auch etwas leisten.

So wie Judy Lybke. Der Gründer der Galerie Eigen + Art fahndet mithilfe der App nach einem neuen Stoffbeutel von „Mango“. Seit Jahren läuft er mit einem Modell der Textilmarke herum, bald aber könnte es so fadenscheinig sein, dass ein identischer Nachfolger hermuss. Rechteckig, praktisch, gut – ein Markenzeichen sei dieser Beutel geworden, meint Lybke, unverzichtbar. Ein anderer Berliner Galerist, Markus Peichl, hat in den achtziger Jahren das legendäre Magazin „Tempo“ gegründet. Leider fehlt ihm eine Ausgabe zwischen den Jahrgängen. Wer diese eine Nummer noch im eigenen Regal hat, der möge sich, bitte schön, melden. Wim Wenders sucht eine Fotografie von Walker Evans, die er einst besaß und leider im Umzugsstress vor Jahren verlegt hat. Und der Künstler Stefan Panhans braucht kaputte, nutzlos herumliegende Drohnen als Staffage für sein neues Video.

Geschichten wie diese machen klar, dass es hier nicht um Kunst geht. Im Zentrum steht vielmehr eine Spezies, die etwas will, das für andere nahezu wertlos ist. Der Suchende muss seinerseits unterhaltsam erzählen, weshalb ihm der Gegenstand am Herzen liegt.

Marktwert ist das eine, persönliche Schätze sind etwas anderes

„Storytelling“ nennt Wessel das mit einem gewissen Anspruch an die Verfasser, und wer ihn kennt, der weiß, dass der sammelnde ITler selbst ein großer Freund dieser Kommunikationsform ist. Entwickelt sich „In best Hands“ tatsächlich zu einer vitalen Plattform, hat sie allerdings bald mehr zu bieten als ihre reine Funktionalität. Die App wäre dann ein Medium, das nicht den Marktwert verhandelt, sondern persönliche Schätze hebt. Und darüber hinaus ein wachsenen Fundus von Geschichten birgt. „Es wird immer wieder neue, überraschende, schräge, vergnügliche, in jedem Fall lesenswerte Suchstorys geben“, verspricht Wessel, der auch Museen, Bibliotheken oder Sammlungen dazu animieren will, sich mit ihrem Profil zu präsentieren. Als Investoren hat er neben Lybke die Sammlerin Ingrid Roosen-Trinks überzeugt.

Was zeigt, dass auch andere an seine Idee glauben. Sie passt – und da kommt doch die Kunst ins Spiel – perfekt zu Wessels Sammlung. „Storytelling“ ist ein Charakteristikum zahlreicher Künstler, die hier vertreten sind. Sven Johne, Via Lewandowsky, Julian Rosefeldt, Sebastian Stumpf oder Karin Sander zählen zu den Virtuosen suggestiver Erzählung. Davon kann man sich derzeit im Museum Weserburg überzeugen, das bis Ende Mai Arbeiten aus Wessels Besitz zeigt. Eine Ausstellung, die nachvollziehbar macht, wie einer auf den Gedanken kommt – eine App auszutüfteln, um Dinge „In best Hands“ zu bringen.

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