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Eingerüstet. Das Deutschlandhaus in Berlin wird derzeit zum Standort der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung umgebaut.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Neue Chefin für die Bundesstiftung Flucht, Vertreibung: Gundula Bavendamm soll es richten

Gundula Bavendamm hat einen Riesenberg Arbeit vor sich - und zum Glück auch genügend Berufsjahre, um die Früchte ihrer Anstrengungen reifen zu sehen.

Der erste Direktor eckte an und wurde verabschiedet, der zweite bekam Angst vor der eigenen Courage und kam gar nicht erst, jetzt muss es die dritte richten. Die dritte, jawohl: Denn die Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung bekommt mit Gundula Bavendamm eine weibliche Leitung und hoffentlich die erste, mit der der bisherige Schlingerkurs der Stiftung in stetigen Fahrweg übergeht. Man musste sich ohnehin wundern, wie lange es gedauert hat, bis diese Einrichtung zur Erforschung und Darstellung von Vertreibungen – Plural! – überhaupt ins Leben trat, da war die Reizfigur ihrer Protagonistin, der damaligen Vertriebenenverbands-Chefin Erika Steinbach (CDU), zugleich förder- wie hinderlich.

Aber diese Grabenkämpfe der Vorzeit sind im Zeichen des übergroßkoalitionären Einverständnisses von heute doch ausgestanden. Zum Glück, möchte man sagen, hat die Stiftung noch kein eigenes Haus, es ist derzeit in Bau, und so konnte in puncto Ausstellungen nichts falsch gemacht werden. Jetzt aber ist es höchste Zeit, alles richtig zu machen, mit dem Millionenheer an Flüchtlingen, Migranten, Zuwanderern im Blick, die Deutschland mindestens so stark verändern werden wie die zwölf oder mehr Millionen deutscher Vertriebener, die sich im heutigen Sprachgebrauch gleichfalls „Flüchtlinge“ nennen dürften. Was in der Gründungsphase der Stiftung noch als Forderung ihrer tatsächlichen Gegner erhoben wurde, nämlich dass sich deren Arbeit nicht auf die deutschen Flüchtlinge nach 1944/45 beschränken dürfe, liegt jetzt auf der Hand. Flucht und Vertreibung sind Kernthemen der Geschichte des 20. und leider auch des 21. Jahrhunderts, sie sind die Begleiterscheinung eines jeden Krieges, und davon hat unsere Gegenwart mehr denn je.

Dass nicht einmal die Integration der kulturell ähnlich geprägten Vertriebenen in die beiden deutschen Nachkriegsstaaten ein Kinderspiel war, ist allein schon ein Thema von äußerster Brisanz. Gundula Bavendamm hat einen Riesenberg an Arbeit vor sich und zum Glück auch genügend Berufsjahre, um die Früchte ihrer Anstrengungen reifen zu sehen. Sie ist übrigens Beiratsmitglied des Vereins „Unsere Geschichte. Das Gedächtnis der Nation“. Dieses Gedächtnis kann und muss sie jetzt im großen Maßstab pflegen – und aufrütteln.

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