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Immer weniger Westeuropäer beantworten diese Frage mit "ja".

© Martin Gerten / dpa / picture alliance

Neue Glücksstudie: Sieben nagende Jahre

Christian Schröder macht eine neue Glücksstudie der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung unglücklich. Ost und West nähern sich an, doch richtig glücklich ist niemand.

Die gute Nachricht: Osteuropäer sind heute durchschnittlich schon fast genauso glücklich wie Westeuropäer. Ein Vierteljahrhundert nach dem Zusammenbruch von Sowjetunion und Warschauer Pakt schließt sich langsam das happiness gap, die Glückslücke. Die schlechte Nachricht: Das liegt vor allem daran, dass sich die Westeuropäer heute unglücklicher fühlen als noch vor ein paar Jahren.

Glück rangiert als Gefühl irgendwo zwischen Wohlbehagen und Ekstase, mit den Methoden exakter Wissenschaft lässt es sich nur schwer messen. Thomas Jefferson hat die Pursuit of Happiness in die amerikanische Unabhängigkeitserklärung geschrieben, so als wäre das Streben danach eine lebenslange Aufgabe für jeden einzelnen Bürger. Dabei lässt sich das Glück nicht erzwingen, nur das Unglück kommt von allein. Glück ist ein Geschenk, meist bemerkt man es erst, wenn es schon wieder verschwunden ist. „Das Glück kennt nur Minuten“, sang einst Hildegard Knef. Auf staatspolitische Dimensionen hochgerechnet heißt das, dass spätestens auf sieben nette wieder sieben nagende Jahre zu folgen haben. Vielleicht sind wir jetzt gerade da angekommen. Bye-bye luck.

Die Abgehängten verlieren

Doch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung setzt bei ihrer gerade veröffentlichten neuen Glücksstudie ganz auf harte ökonomische Fakten. Sie hat 51000 Haushalte in 34 europäischen Staaten befragen lassen und festgestellt, dass sich die Einkommen in Ost und West immer stärker aneinander annähern. Die postkommunistische Systemtransformation hat erkennbar zu steigendem Wohlstand geführt. Allerdings wächst vor allem eins: die Ungleichheit. Reiche werden immer reicher, die Abgehängten verlieren. 23 Prozent der Befragten östlich des einstigen Eisernen Vorhangs gaben an, ihnen gehe es heute schlechter als 1989. In Russland wächst nur für 20 Prozent das Einkommen schneller als das Bruttosozialprodukt.

Es ist die Stunde der Vereinfacher. „Wenn du Reformen hast, die schmerzhaft sind, und eine Mehrheit, der es schlecht geht, kann schnell ein Populist an die Macht kommen, um gleich danach das System in seinem Sinne umzubauen“, sagt Sergei Guriev, der Chefökonom der Europäischen Bank. In Ungarn oder Polen hat dieser Übergang bereits stattgefunden, dort kann man inzwischen eher von Demokratur als Demokratie sprechen. Aber auch in Italien und Deutschland haben die Forscher sinkende Lebenszufriedenheit gemessen. Nur in einem Punkt bleiben die Westeuropäer den Osteuropäern voraus: bei der Körpergröße. Menschen, die in den Wendejahren nach 1989 zur Welt kamen, sind im Schnitt einen Zentimeter kleiner als ihre Vorgänger und Nachfolger. Not lässt nicht nur Träume schrumpfen.

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