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Retroromantiker. Pond aus Perth lieben den Sound der Achtziger.

© Marathon Artists

Neues Album von Pond: Weißes Leuchten

Oberflächen und Reproduktion: Die australische Band Pond und ihr psychedelisches Synthiepop-Album „Weather“.

Seit einiger Zeit arbeitet der Pop an einem unmöglichen Projekt, gewissermaßen der Quadratur der Scheibe. Die Zeit soll nicht bloß zurückgedreht, sondern eingefroren werden. Hört man die Musik von retromanischen Bands wie den Flaming Lips, MGMT oder den Allah-Lahs, glaubt man in eine Ära zurückzukehren, die die meisten bloß noch aus Erzählungen von älteren Freunden und Verwandten oder eben von Spotify kennen. Da rastet die Welt noch einmal in der Hochphase des Operettenrocks plusminus 1976 ein, oder vielleicht 1967, dem Jahr, in dem der Pop psychedelisch wurde. Die Zeit, in der der Pop der Achtziger nun schon reanimiert, zitiert und nachgebaut wird, dauert inzwischen länger als die achtziger Jahre selber. Und die Musik, die dabei entstanden ist, klingt oft glaubwürdiger und perfekter achtzigerjahrehaft als die Vorbilder.

Die 2008 in der westaustralischen Millionenstadt Perth gegründete Band Pond konzentriert sich mit ihrem siebten Studioalbum „Weather“ auf ein Zeitfenster zwischen 1975 und 1981, eine Ära, in der Pop immer pompöser und überkandidelter wurde, kurz bevor mit der Einführung der CD auch der Sound eine bis dahin nicht gekannte aseptische Vollkommenheit erlangen sollte. Pond geht es erkennbar um Oberflächen und um Reproduktion, das zeigt sich auch in ihren Videos, die aus überschönen, sonnendurchstrahlten Werbebildern gesampelt sind. Der Film zur aktuellen Gute-Laune-terroristischen Single „Sweep Me Off My Feet“ beginnt mit einem weiß gekleideten Popgott, der dem Meer entsteigt. Es folgt eine Persiflage auf den frühen Eurotrash von Sandra und ihrem Produzenten Michael Cretu. „Paint me silver and call me Hermann Hesse“, lautet eine Forderung auf dem Album. Schwer zu sagen, wo die Hommage endet und die Parodie beginnt. Man muss aber fürchten: Pond meinen es ernst.

Tiefgefrorene Hymnen mit Säusel-Saxofon

Der Auftaktsong „30 000 Megatons“ kehrt mit einem zitternden Synthesizer-Intro in die Ära der Atomangst und des Protestpops zurück. In flehendem Falsett warnt Sänger Nicholas Allbrook: „There’s 30 000 megatons pointed at her / And him and you and me and everyone we serve.“ Der atomare Vernichtungsschlag steht unmittelbar bevor, was im „sonnenverbrannten Land“ aber niemanden kümmert. Schiffshörner und Halleffekte wabern, der Gesang schnarrt aus einem Vocoder, die Auslöschung ist verdient: „We need 30 000 megatons / Push the button now.“ Der Angebertrack „Colder Than Ice“, eine bittere Beziehungsabrechnung, steigert den Poser-Rock von Foreigner zur tiefgefrorenen Hymne, die mit einem Säusel-Saxofon ausläuft, wie es nicht mal mehr im Dudelfunk zu hören ist.

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Drei der sechs Mitglieder von Pond – Kevin Parker, Jay Watson und Nick Allbrook – spielen auch bei Tame Impala, der wesensverwandten, international deutlich erfolgreicheren Band, bei der Parker Sänger und Leadgitarrist ist. Perth gehört zu den abgelegensten Städten der Welt, bis zur nächsten Großstadt Adelaide sind es 2705 Kilometer. Offenbar idealt für abseitige Musik. „Weather“ sei ein „Konzeptalbum über die seltsamen widersprüchlichen Dinge, aus denen sich viele Kolonialstädte der Welt zusammensetzen“, sagt Pond-Sänger Allbrook. Die Band möchte etwas aufdecken, „all die dunklen Dinge“, die unter dem „glänzenden Äußeren“ liegen, das aus „dem Geld und dem Privileg der weißen Bevölkerungsschicht“ entstanden seit. So wird Popgeschichte zum Forschungsgebiet, Thema: Aneignung und Unterdrückung.

Das 2009 erschienene Debütalbum von Pond hieß „Psychedelic Mango“. Ganz ähnlich wie Tame Impala huldigte die Schwesterband zunächst Psychrock und Krautrock, folgerichtig traten Pond auch mit Damo Suzuki auf, einem der Sänger der Kölner Krautrockband Can. Und ähnlich wie bei Tame Impala, die aus Anlass ihres letzten Albums „Currents“ Queen und die Bee Gees entdeckten, geht es auch für Pond nun in Richtung Hybridpop, Progpop, Überwältigungspop. Nur dass die Songs von Pond sich stärker zur Klangtapete fügen.

„Weather“ von Pond ist bei Marathon Records/Rough Trade erschienen.

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