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Kultur: Neues Leben

Der Dokumentarfilm „I am a Woman Now“.

So viele rote Rosen: Eine vornehme ältere Dame läuft damit über einen Friedhof – und so üppig ist der Strauß, dass er noch aus der Ferne das Bild beherrscht. Corinne ist nach Casablanca gekommen, um das Grab des Mannes zu suchen, den sie Doktor und Vater nennt. Vor 40 Jahren hat ihr Dr. Burou zu einem neuen Leben verholfen. Er hat sie zur Frau gemacht, vorher war sie ein Mann. Der Arzt und Abenteurer ist 1989 bei einem Bootsunfall ertrunken.

Fünf ehemalige Patientinnen von Dr. Burou hat der niederländische Dokumentarist Michiel van Erp für seinen Film „I am a Woman Now“ ausfindig gemacht. Sie alle treffen sich in Casablanca, und dass der Film durchweg schön anzusehen ist, liegt nicht nur am Drehort. Zwei der Damen waren im Showbusiness tätig, eine weitere betreibt einen Beautysalon, entsprechend glamourös treten sie auf. Dass sie zufrieden auf ihr Leben zurückblicken, hat auch mit ihrem vorherigen beruflichen Erfolg zu tun. Anders hätten sie die Operation nicht bezahlen können. 180 000 Francs trug Corinne bei sich, als sie zu Dr. Burou nach Casablanca flog – zusammmengerollt und in ihrer blonden Turmfrisur versteckt.

Die Frauen kommen aus Belgien, den Niederlanden, England und Deutschland. Es ist der Deutsche, der für ein paar notwendige Misstöne sorgt. Der Deutsche? Richtig, weil der ehemalige Werbefotograf Jean nach der Geschlechtsumwandlung keine Hormonpillen mehr nahm – die Aufklärung war zu der Zeit noch mangelhaft –, entwickelte er sich sich von Statur und Stimme her zum Mann zurück. Er berichtet wenig Schmeichelhaftes über die deutschen Ärzte. Niemand interessierte sich für seine Psyche, alle staunten nur über die technischen Möglichkeiten. Genauso unerfreulich verlief für ihn das Engagement in der Frauenbewegung, in der er als Eindringling und Spitzel betrachtet wurde. Von seiner Überzeugung, eine Frau zu sein, konnte ihn das nicht abbringen. So geht es auch Corinne, Colette, April und Bambi. Keine bereut die Operation. Frank Noack

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