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Neues Sommerfestival in Berlin: Tanz im Juli

Mit der neuen Veranstaltungsreihe „Foreign Affairs“ wollen die Berliner Festspiele sonst eher ruhige Monate bespielen.

Bei den Berliner Festspielen wird weiter experimentiert und nach dem eigenen Platz in dieser schnell veränderlichen Stadt gesucht. Nun gibt es ein Sommerfestival für „Theater und performative Künste“. Vom 27. Juni bis 14. Juli bespielen die „Foreign Affairs“ eine bisher relativ ruhige Zeit. Und sie haben mit Matthias von Hartz einen neuen Leiter. Er kommt aus Hamburg, hat auf Kampnagel fünf Jahre lang Sommertheater mit gesellschaftspolitischen Ambitionen gemacht.

Die Berliner Lokalitäten sind freilich etwas anders. Hauptspielort wird das oft als viel zu groß empfundene Haus der Festspiele sein. Das obere Foyer bekommt einen Balkon, man will das gastronomische Angebot verbessern. Das dreiwöchige Programm will sich durch Schwerpunktbildung auszeichnen, oder wie Matthias von Hartz im Begleitheft schreibt: „Wir bekennen uns zum Haufen.“ Der größte Haufen trägt den Namen des Nature Theatre of Oklahoma. Im Hebbel am Ufer, einem Koproduktionspartner der „Affairs“, zeigen die New Yorker ihren „Life and Times“-Marathon in einer 13-stündigen Kurz- und einer 15-stündigen Langfassung; es sind die Geschichten einer Frau, die in einer Suburbs-Siedlung in den USA aufwuchs – das „Besondere im Banalen“. Außerdem bringt die Truppe ihre Version von „Romeo und Juliet“. mit. Das Nature Theatre of Oklahoma hat sich nach einem Kapitel aus dem Roman „Amerika“ von Franz Kafka benannt und scheut nicht davor zurück, die Literatur wörtlich zu nehmen. Kafkas berühmter Aufruf, Schauspieler zu werden, richtet sich an die Berliner: Kommt und spielt mit uns, daraus wird ein Film entstehen.

Eröffnet wird das Festival mit dem Stück „Partita 2“, das die Choreografen Anne Teresa de Keersmaeker und Boris Charmatz vereint; eine rare Kombination. Beide Künstler waren schon im vergangenen Herbst bei der ersten Ausgabe der „Foreign Affairs“ dabei. Bei William Forsythe sieht es etwas anders aus. Sein Werk war hier über all die Jahre eher sporadisch zu sehen. Und jetzt haufenweise: In der Lokhalle Schöneberg wird sein „White Bouncy Castle“ aufgebaut, in den Kunstwerken laufen Forsythe-Filme, im Festspielhaus tanzt die Company „I Don’t Believe in Outer Space“ und „Sider“.

Das klingt nach einem Tanz im Juli, vor der 25. Ausgabe des Berliner „Tanz im August“. Doch es gibt auch Theater von Angélica Liddell, Philippe Quesne, Pere Faura, Faustin Linyekula und Konzerte mit The Notwist und Apparat. Eine echte Von-Hartz-Idee ist das Performance-Wochenende „Die Wette – eine Untersuchung über Zweifel, Kontingenz und Sinn in Ökonomie und Gesellschaft.“ Künstler und Theoretiker produzieren Überbau und Thesen. Noch wichtiger jedoch: Wie wird das Wetter?

Rüdiger Schaper

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