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Kultur: Neulich in Havanna

Neulich in Havanna" haben Wim Wenders und seine junge Frau Donata ihre erste gemeinsame Fotoausstellung genannt. Während der Dreharbeiten zum Dokumentarfilm "Buena Vista Social Club" im Frühjahr 1998 verließen beide immer wieder das Set, um die faszinierende Hauptstadt Kubas mit der privaten Kamera zu dokumentieren.

Neulich in Havanna" haben Wim Wenders und seine junge Frau Donata ihre erste gemeinsame Fotoausstellung genannt. Während der Dreharbeiten zum Dokumentarfilm "Buena Vista Social Club" im Frühjahr 1998 verließen beide immer wieder das Set, um die faszinierende Hauptstadt Kubas mit der privaten Kamera zu dokumentieren. Der Regisseur hat sich dabei vorwiegend auf die Kulisse der urbanen Landschaft Havannas konzentriert und farbiges Panorama-Format benutzt. Sie hingegen hat Schwarzweiß gewählt und auf der Straße oder im Musikstudio nach menschlichen Gesichtern Ausschau gehalten. Nach den laufenden Bildern zur Musik folgt hier also der Stand der Dinge. Wer die Galerie im Café Einstein besucht (Unter den Linden 42, bis 31. August täglich von 10-20 Uhr), spaziert an den uralten Musikern Kubas und den halbverfallenen Häusern der Altstadt von Havanna vorbei. Der Betrachter muß den betagten Buicks und Oldsmobiles ausweichen, wird von fröhlichen Schulkindern in ihrer Einheitskluft gegrüßt, zieht den Kopf ein, wenn der kleine Baseball-Batter auf der Straße zum Schlag ausholt, oder sieht die gewaltige Meeresbrandung gegen die Uferpromenade schlagen. Manchmal wirken die Aufnahmen wie spontane Standbilder zum Film, dann wieder wie geknipste Augenblicke touristischen Staunens. Die Fotos sind unprätentiös und auf liebevolle Art vordergründig. Zur Tanzmusik etwa fehlen die Tänzer. Film und Fotos haben die magische Einheit von Klang und Körperausdruck, das eigentliche Lebensprinzip kubanischer Musik, sorgfältig ausgespart. Man wollte "Musik ohne die Konsumenten" darstellen, sagt Donata Wenders. Und ihr Mann fügt hinzu: "In Havanna sieht man keine Tänzer." Doch die einheimischen Kinogänger wundern sich, wo im Film bloß die Tänzer geblieben sind, die in Wohnzimmern und Hinterhöfen ihrem Alltagsvergnügen nachgehen. So schaut auch der hiesige Betrachter zwar tief ins Glas mit der Aufschrift "Havana Club" - trinkt aber Rumverschnitt ohne Melasse. Und blickt dabei auf die postkartengerecht abgeblätterten Kolonialfassaden der tropischen Stadt. Havanna aus der Perspektive eines kulturwütigen Cityhoppers. (ror)

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