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Kultur: "New Rose Hotel": Die Liebe ist eine Falle

Sie Sind Headhunter. Sie sind auf der Suche nach den Forschergenies der Zeit.

Sie Sind Headhunter. Sie sind auf der Suche nach den Forschergenies der Zeit. Fox (Christopher Walken) und X (Willem Dafoe) arbeiten als Spione, die sich für Geld und Action in die Geschäfte der großen Biotechnologie-Konzerne mischen. Sie verbringen ihr Leben zwischen Hotelzimmern, Konferenzräumen und ungeheuer düsteren Nachtclubs. Immer unterwegs, immer auf dem Sprung zwischen Japan, Deutschland und Marokko.

Ja, ja, die große, weite Welt. Und doch ist hier alles eng und gleichartig und beschränkt, weshalb die Einstellungen konsequenterweise so nah an die Objekte heranrücken, dass kaum noch Orientierung möglich ist. Die Agenten funktionieren als perfekte Allegorien der Flexibilität - überall zu Hause und nirgends. Sie vögeln mit Edelnutten, weil Beziehungen ein Anachronismus sind. Frauen sind nur Objekte der Begierde. Dabei stiert die Kamera oft mit männlichem Blick, der zwischen Liebessehnsucht und Lüsternheit oszilliert. Sie saugt sich fest an schönen Frauen, als wollte sie nuckeln an den vollen Brüsten und Lippen, am flachen Bauch von Asia Argento alias Sandii.

Doch der Mann ohne Namen, X, macht einen Fehler: Er versucht Halt zu finden im Laufrad der globalisierten Welt. Er versucht sich festzuklammern am altmodischsten aller Gefühle: der Liebe. Dabei vernarrt er sich in Sandii, die schöne Hure, die als Verführungsköder für einen japanischen Spitzenforscher dient. Eine Globalisierungs-Falle, denn Liebe macht blind. Sie ziemt sich nicht für den flexiblen Menschen. So wird der Angler selbst zur Beute. Eine tragische Liebesgeschichte: eine mit Moral.

Aber das ist nur die konventionelle Seite dieses Films. Abel Ferrara misstraut der stringenten Erzählung und dem Hollywood-Plot. Statt dessen wühlt er sich in die Gefühlszustände seiner Antihelden hinein und läßt ihr Bewusstsein strömen. Das kann er so gut wie kaum ein anderer. In "New Rose Hotel" - der Film basiert auf einer Geschichte von William Gibson - bekommen wir wichtige Handlungselemente nie zu sehen, weil Ferrara sie im Off versteckt.

Am Ende: Gedankenbruchstücke, Erinnerungsfetzen. X liegt im New Rose Hotel, einer Ansammlung von sargartigen Schlupfwinkeln, und wird von Vergangenem gemartert. "New Rose Hotel": Ein Delirium, ein Schmerzensrausch.

Julian Hanich

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