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Kultur: New York, New York!

Eine

von Rüdiger Schaper

Im aktuellen „New Yorker“ findet sich ein Stadtplan speziell für die Delegierten der republikanischen Convention, der an Prag im Jahr 1968 erinnert. Damals haben tschechische Freiheitskämpfer Straßenschilder abmontiert, um den Invasoren des Warschauer Pakts die Orientierung zu erschweren. „Welcome, Conventioneers!“ steht über der „Travel Map“ – da liegt Manhattan in Brooklyn, der Tagungsort Madison Square Garden liegt in New Jersey und Greenwich Village in der Bronx. Da sollen sich die Landeier aus dem Mittelwesten mal schön zurechtfinden in der Stadt, von der man immer schon sagte, sie sei nicht Amerika – und umgekehrt.

Darum geht es, drei Jahre nach der 9/11Katastrophe, wenn die Bush-Truppen sich ab Montag am Ground Zero versammeln. Darum gibt es ab dem Wochenende hunderte, wenn nicht tausende Gegendemonstrationen, Happenings, Konzerte, Theatermarathons, Anti-BushKongresse. Beide Seiten der zutiefst gespaltenen Nation kämpfen um die Definition dessen, was hierzulande einmal als „Leitkultur“ zur Debatte stand. Amerikanische Intellektuelle und Künstler haben, Bush sei Dank, die Politik wiederentdeckt – und die Protestkultur, die sich einst am Vietnamkrieg entzündete und die auch die APO in Westeuropa auf Trab brachte.

George W.Bush als Erzfeind einer weltoffenen, multikulturellen, libertären, kunstinteressierten und offensichtlich friedliebenden Großstadtbevölkerung: Wie werden die Protestbilder aus New York in anderen Teilen des riesigen Landes ankommen, auf einer Ranch in Wyoming, in einer Kleinstadt irgendwo im gottesfürchtigen bible belt? Wird die wunderbare Anarchie, in der New York für ein paar Tage zu versinken droht, am Ende den Law & Order-Leuten nutzen? Egal: Der Rest der Welt kann mal wieder sehen, wo die Demokratie zu Hause ist.

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