zum Hauptinhalt

Kultur: Nichts als Spesen?

Die Leipziger Buchmesse war ein Erfolg, doch Zweifel bleibenVON THOMAS RATHNOWAls am vergangenen Mittwoch pünktlich zum Beginn der Leipziger Buchmesse die Sonne die neuen Messehallen innen und außen erstrahlen ließ und sich rasch zeigte, daß auch das Publikum den Weg zu den Büchern finden würde, da schmolz innerhalb weniger Stunden die Skepsis dahin, die den Messeumzug über Monate begleitet hatte.Statt dessen Begeisterung.

Die Leipziger Buchmesse war ein Erfolg, doch Zweifel bleibenVON THOMAS RATHNOWAls am vergangenen Mittwoch pünktlich zum Beginn der Leipziger Buchmesse die Sonne die neuen Messehallen innen und außen erstrahlen ließ und sich rasch zeigte, daß auch das Publikum den Weg zu den Büchern finden würde, da schmolz innerhalb weniger Stunden die Skepsis dahin, die den Messeumzug über Monate begleitet hatte.Statt dessen Begeisterung.Keiner war mehr zu finden, der lieber in den alten Hallen gewesen wäre; deren vielgepriesene Gemütlichkeit wurde plötzlich ganz anders erinnert, eng sei es gewesen und furchtbar stickig. Inzwischen liegen die Erfolgsbilanzen der neuen Messe vor: Mehr Aussteller und vor allem mehr Publikum als im Vorjahr sind zu verbuchen, und auch die vielen Lesungen waren gut besucht.Damit ist das wichtigste Ziel der diesjährigen Messe erreicht.Doch wer sich am späten Sonntagnachmittag unter den inzwischen erschöpften Verlagsleuten an den teils erheblich vom Bücherschwund gezeichneten Ständen umhörte, der konnte feststellen, daß die Euphorie allmählich einer gewissen Ernüchterung wich. Bei den meisten Publikumsverlagen, die aus den alten Bundesländern kommend in Leipzig ihr Programm vorstellen, steht die Überlegung im Vordergrund, durch Präsenz in Leipzig ihre meist spärlichen Umsätze im Osten allmählich zu erhöhen.Ein anderes, wenn auch seltener vorgebrachtes Motiv, nach Leipzig zu kommen, liegt darin, Kontakte zu osteuropäischen Verlagen aufzubauen.Beide Rechnungen schienen nach übereinstimmender Aussage großer und kleiner Verlage aber nicht aufzugehen.Die Hoffnung, in Leipzig mit osteuropäischen Partnern ins Gespräch zu kommen, für die in Frankfurt meist keine Zeit bleibe, habe sich nicht erfüllt, erklärte beispielsweise Friederike Barakat, die beim Carl Hanser Verlag für Auslandsrechte zuständig ist.Leipzig ist in allererster Linie ein Festival der Literatur und des Lesens, das Geschäftliche tritt dahinter klar zurück.So schön das ist und so sehr sich Leipzig damit atmosphärisch von Frankfurt unterscheidet, der Messe fehlt dadurch die kommerzielle Grundlage, und das könnte ihren Bestand doch gefährden. "Der Erfolg der Messe ist subventioniert", räumt Dietrich Simon vom Berliner Verlag "Volk und Welt" ein und verweist damit unter anderem auf die Förderung des umfangreichen Veranstaltungsprogramms "Leipzig liest" durch Bertelsmann.Er gehörte stets zu den Befürwortern des Messeumzugs und freut sich nun über die gestiegenen Besucherzahlen.Doch auch er hat Zweifel, daß sich eine Messe langfristig halten könne, die sich für die Verlage ökonomisch nicht rentiere.Vor allem für kleine Häuser ist es schwierig, die Teilnahme an zwei Messen zu finanzieren.Welche Konsequenzen gezogen werden, wenn die Controller der großen Verlage den Stift angelegt haben, ist aber ebenfalls ungewiß. Damit die Leipziger Messe nicht mit der Zeit zu einer bloßen Bücherschau von regionaler Bedeutung schrumpft, muß ihr Konzept verbessert werden.Dietrich Simon spricht von einer Messe neuen Typs, die vor allem die wissenschaftlichen und ausländischen Verlage wirkungsvoll zu integrieren hätte.Im nächsten Jahr werden die aller- meisten Verlage wieder nach Leipzig kommen.Doch deren Zweifel am Sinn der Messe dürften bleiben.

THOMAS RATHNOW

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false