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Der kalifornische Musiker Nick Waterhouse, 30.

© Promo

Nick Waterhouse live in Berlin: Retter der Teenage-Rebellion-Party

Wehmütiger Soul-Knarz und heißblütige Rock'n'Roll-Ekstase: Nick Waterhouse gab ein fulminantes Konzert im Berliner Columbia-Theater.

Jegliche Mäkelkritik an der Wiederbelebung halb vergessener Klischees verbietet sich, wenn man sieht, wie schamlos charmant Nick Waterhouse das Publikum an den Ohren nimmt und ihm „I want it! Is that clear?“ entgegenbrüllt. Der 30-jährige Kalifornier ist so was wie der Retter der großen Teenage-Rebellion-Party mit blauen Flecken und pochendem Herzen.

Bis zur Halskrause im Rhythm’n’Blues der späten Fünfziger und frühen Sechziger verbuddelt, erinnert der Mann mit der dicken Hornbrille an die Zeit, in der in jedem verschwitzten Dreckslokal mehr los war als heute im gesamten Stadionrock.

Schon die erste Single war zu gut, um wahr zu sein: Wenige Monate brauchte „Some Place“, um 2010 die Aufmerksamkeit der Szene-DJs zu erregen und in Online-Tauschbörsen Spitzenpreise in dreistelliger Höhe zu erreichen. Auch die beiden Longplayer „Time’s All Gone“ von 2012 und „Holly“ von 2014 fügen sich nahtlos in jedes klassische R ’n’ B-Set, stehen mit ihrer Pop-Frische aber auch voll im heutigen Saft. Dabei könnte man Waterhouse für ein prototypisches Beispiel der ewigen Wiederkehr des Alten halten, wäre er nicht so originell in seinen Songs, so überzeugend in der Darbietung. Das gilt auch für sein Konzert im gut gefüllten Columbia-Theater, wo er Stücke seines dritten Albums vorstellt, das im September erscheinen soll.

Die Geister von Buddy Holly und Ray Charles

Nick Waterhouse wirft sich in halbstarke Rockerposen und schüttelt dampfende Killer-Licks auf seiner dunkelroten Gibson-Gitarre, um dann wieder im verzweifelten Hinterhof-Loser-Stil seine Stimme zu heben, während ihm eine formidable Vier-Mann-Band mit Schlagzeug, Knupperbass, Hammondorgel und sehr schönem Tenorsax-Gebläse eine sprühende Vintage-Kulisse baut, die sofort ans Tanzbein kickt und mit originalem Rumpelfaktor angenehm schwerfällig in die Magengrube sinkt. Prächtige Rhythm’n’Blues-Songs erheben ihr Haupt, wehmütiger Soul-Knarz, wilde Beat-Romantik und heißblütige Rock’n’Roll-Ekstase, die das Leben zelebriert und die Geister von Buddy Holly und Ray Charles in den Körper von Waterhouse fahren lässt.

Mitten im Set kommt eine schimmernde Coverversion des Seeeds-Klassikers „Pushin’ Too Hard“ zum Vortrag, dann wieder ein paar neue Songs, die sich perfekt in das Gesamtwerk einfügen. Die Stücke klingen manchmal etwas windschief oder sanft entrückt, dann wieder gefährlich lospolternd, vorangetrieben mit einem coolen Fingerschnippen oder vom Beat des Drummers, mit kurz angebundenen, wehklagenden Gitarrensoli und langgezogenen „Uuhs“ und „Aahs“ der Backing-Vocals. Derweil suhlt sich Waterhouse in ergreifenden Parodien von Doo-Wop-Raunen, Blues-Pathos und soulmäßigem Blubbern und Glucksen. Seine aufgekratzte Leadstimme steigert sich in flotte Mitsing-Refrains und wird dann wieder lässig auf den Boden gezogen. Die Menge johlt. Und will nach 75 Minuten mehr. Denn alle hier wissen: Diese Musik macht stark und sexy.

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