zum Hauptinhalt

Kultur: Nils Landgren: All That Jazz

Es ist keine Wahl aus der zweiten Reihe, sondern für den Neuanfang. Der schwedische Posaunist Nils Landgren ist der neue künstlerische Leiter des Berliner Jazzfests.

Es ist keine Wahl aus der zweiten Reihe, sondern für den Neuanfang. Der schwedische Posaunist Nils Landgren ist der neue künstlerische Leiter des Berliner Jazzfests. Die Entscheidung von Joachim Sartorius kam überraschend, da Landgren keine Erfahrung als Festivalmacher mitbringt. Doch ist er seit Jahren mit einem kleinen, feinen Jazzfestival verbunden, das jeden Sommer im norddeutschen Salzau stattfindet. Landgren ist der Sprecher und inoffizielle Leiter des Jazzbaltica Ensemble, der hauseigenen Festband sozusagen. Als solcher spricht er fließend Deutsch und wohnt noch in Hamburg, obwohl er seinen Job bei der NDR-Bigband gerade gekündigt hat. Mit seiner eigenen Band Funk Unit ist der Posaunist so erfolgreich, dass er einfach keine Zeit mehr fand, an den Proben teilzunehmen. Bis zum Herbst sei er schon ausgebucht, tourt durch Italien, Frankreich, Deutschland und Skandinavien. In Kürze wird er nach Südschweden umziehen zu seiner Frau, die in Stockholm eine bekannte Theaterschauspielerin ist. Aber Landgren ist nicht on the run, sondern macht sich bereit für den next step. Wegen seiner nordischen Wurzeln habe Sartorius ihn wohl gerufen, mutmaßt Landgren, denn Skandinavien wird den ersten Schwerpunkt des neuen Jazzfests bilden. An einem Konzept werde er jetzt arbeiten: Das neue Jazzfest soll bunt und lebendig werden. Ein Event also.

Auch Sartorius setzt hohe Erwartungen in die neue Festivalstruktur, und dass das neue Festspielhaus in der Schaperstrasse samt angrenzender Infrastruktur von Literaturhaus bis Quasimodo einer publikums- und medienwirksameren Präsentation von Jazz durchaus gut stehen könnte, liegt auf der Hand. Nicht dass damit gleich alles besser würde, als es vorher war - aber Veränderungen werden beim stark ramponierten Jazzfest auf allen Ebenen schon seit Jahren eingeklagt. Vielleicht gelingt es tatsächlich, dem Jazz gleich mehrere neue Bühnen und Zuschauer zu erschließen. Die seit langem geforderte Verjüngung der Jazzfest-Leitung, Landgren wird am 15. Februar 45 Jahre alt, und die Erprobung neuer Konzepte werden zunächst mit einem aus der Not geborenen Schachzug vollzogen. Da sich Sartorius nicht gleich auf langfristige Verträge festlegen wollte, werden die künstlerischen Leiter einander mit jährlich wechselnden Themen-Schwerpunkten ablösen.

Nils Landgrens neue CD mit dem schwedischen Pianisten Esbjörn Svensson erscheint im Februar und dann werden die beiden auch in Berlin auftreten. Svenssons eigenes Trio wurde erst kürzlich im Jazzclub A-Trane gefeiert. Am liebsten hört Landgren derzeit "Giving, Receiving" (Emogena) von Lars Jansson, eines anderen schwedischen Pianisten. Am Dienstag wird Landgren in Stockholm auftreten und zusammen mit zwei klassischen Musikern auch Kompositionen von Jansson aufführen. Landgrens eigene Musikfirma Redhorn Records hat zuletzt Jeanette Köhns "Arkipelag" veröffentlicht, eine von der schwedischen Presse hochgelobte CD mit klassischen Liedern.

Vielleicht wird auch in naher Zukunft das Jazzfest Berlin wieder öfter im TV zu sehen sein. 3 Sat schneidet zum Beispiel nicht nur alle Konzerte in Salzau mit, sondern sendet sie dann auch. Am Freitag um 1.10 Uhr wird Nils Landgren mit dem Jazzbaltica Ensemble gezeigt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false