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Kultur: Nobelpreisträger Naipaul: Ich bin ein Mann der Intuition

In der Stockholmer Konzerthalle sind gestern nachmittag die diesjährigen Nobelpreise übergeben worden. Schon am Freitag hatte V.

In der Stockholmer Konzerthalle sind gestern nachmittag die diesjährigen Nobelpreise übergeben worden. Schon am Freitag hatte V. S. Naipaul, der Laureat für Literatur, die traditionelle Nobelvorlesung gehalten. Seine von zwei Proust-Zitaten eingerahmte Rede unter dem Titel "Zwei Welten" entwarf eine Bildungsgeschichte des Schriftstellers Naipaul, der über seine Herkunft aus dem kolonialen Trinidad zur seinen fiktionalen Stoffen fand. "Ich bin die Summe meiner Bücher", erklärte Naipaul. "Jedes dieser intuitiv erspürten und - im Fall meiner Romane - intuitiv erschaffenen Bücher baut auf den vorangegangenen Werken auf und erwächst aus ihnen. (...) Der Grund hierfür ist die Welt, aus der ich stamme: Sie war überaus einfach und zugleich überaus kompliziert." Als Kind, erzählte Naipaul, sei er zwei Welten ausgesetzt gewesen: "der Welt außerhalb des Wellblechtors und der Welt zu Hause - oder jedenfalls der Welt im Haus meiner Großmutter. Es war ein Überbleibsel unseres Kastenbewusstseins, jener Geisteshaltung, die andere ausgrenzte. In Trinidad, wo wir als Neuankömmlinge zu einer benachteiligten Bevölkerungsschicht gehörten, war dieses ausgrenzende Bewusstsein eine Art Schutz."

Die Welt draußen, sagte er, "existierte in einer Art Finsternis". Und weiter: "Als ich Schriftsteller wurde, fand ich meine Themen in diesen Ländern der Finsternis, zwischen denen ich aufgewachsen war. Das Land; die Ureinwohner; die Neue Welt; die Kolonie; die Geschichte; Indien; die Welt der Moslems, zu der ich ebenfalls eine Beziehung hatte; Afrika; schließlich England, wo ich das alles zu Papier brachte." Zugleich bestand er auf thematischer Offenheit: "Ich habe mich immer allein von der Intuition leiten lassen. Ich habe kein System, weder in literarischer noch in politischer Hinsicht. Es gibt keinen politischen Leitgedanken, an dem ich mich orientiere." Der vollständige Text von Naipauls Nobelvorlesung ist, übersetzt von Dirk van Gunsteren, unter der Adresse www.nobel.de/literature/laureates/2001/naipaul-lecture-g.html zu finden.

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