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Kultur: Not und Verklärung

RSB-Chefdirigent Marek Janowski hört auf

„Stürmisch“ beginnt das Vorspiel zum ersten Aufzug der „Walküre“ von Richard Wagner, und stürmischer hat man es selten gehört als in dieser konzertanten Aufführung des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin. Es scheint, als träfe die Vortragsbezeichnung auf eine aufgestaute Emotion des Dirigenten, zumal wenn sich die Dissonanzen fortissimo verengen. Das Konzert in der Philharmonie, ein grandioses, temperamentgeladenes Konzert, steht unter der „herben Not“ der Nachricht, dass Marek Janowski sein Orchester mit dem Ende der Spielzeit aufgeben will. Über die Gründe gibt es vorläufig nur Spekulationen, auch der neue Intendant der Rundfunk-Orchester und -Chöre, Gernot Rehrl, sieht sich nach eigener Aussage vor einem Rätsel. Janowski hat das RSB, dessen Chefdirigent er seit 2002 ist, zu einer Einheit entwickelt, die für Höchstleistungen steht. Der viel beschworene deutsche Klang – hier vibriert er. Es ist ein heller, offener Podiumsklang. Dem Maestro kommt er mit der Zuverlässigkeit des erworbenen Vertrauens entgegen, wie flexibel er die Tempi auch hält.

Das Programm arbeitet sich beziehungsreich aus dem 20. ins 19. Jahrhundert zurück, und in Weberns „Sechs Stücken für Orchester“ wird die Klangfarbenmelodie zu einer Palette des Ausdrucks. „Tod und Verklärung“ von Richard Strauss verrät Vorahnungen des „Rosenkavalier“-Klanges. Vollends nimmt dann die Tragik der Geschwisterliebe Siegmunds und Sieglindes gefangen, weil das Orchester mit feiner Melodie des Cellos und kantablen Schwertmotiven aus dem dramatischen Sturm heraustritt. Als erfahrener Wagnerdirigent ist Janowski in diesem „Walküre“-Akt nicht nur Begleiter der Sänger, sondern ihr Herausforderer. Nikolai Schukoff, der Siegmund, kommt vom lyrischen Tenorfach und weiß auch in furiosen Momenten wie dem Aktschluss „So blühe denn Wälsungenblut“ die Partie als musikalische Linie zu gestalten. Camilla Nylund singt eine leuchtende Sieglinde mit schwebendem piano: „Mich dünkt ihren Klang hört’ ich als Kind.“ Hunding, Antagonist des Paares, erhält bei Kwangchul Youn die Autorität seiner erholt klingenden Bassstimme, schwarz, aber nicht schurkisch, bei bester Deklamation der Sprache.

Mit ihrem vehementen Stürmen und Drängen erobert die Interpretation das Publikum im Sturm.

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