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Kultur: NPD-Verbot: Grundsätze und eine neue Sprachregelung

In Bayern betont man gerne, die Bundesregierung habe die bayerische Position zum NPD-Verbot übernommen. Und nicht umgekehrt.

In Bayern betont man gerne, die Bundesregierung habe die bayerische Position zum NPD-Verbot übernommen. Und nicht umgekehrt. Was eigentlich heißt: Es herrscht Einigkeit darüber zwischen dem bayerischen Innenminister Günther Beckstein (CSU) und Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), dass ein NPD-Verbotsantrag vor dem Bundesverfassungsgericht Aussicht auf Erfolg hat. Andere Länder sehen das durchaus nicht ganz so optimistisch, beispielsweise Berlin. Innensenator Werthebach (CDU) sagt zwar, er würde sich "nicht sperren", aber nach seiner Erkenntnis reiche zumindest das Berliner Material allein nicht aus.

Und weil auch andere CDU-geführte Länder skeptisch sind, bedarf es eben einer akribischen Vorbereitung, damit alle im Boot bleiben. Doch genau über den Mangel an Genauigkeit und Akribie im Regierungslager ist die CDU verärgert. Es geht dabei nicht um den Versuch, einen Konsens in Frage zu stellen, der, wie Brandenburgs Innenminister Schönbohm sagt, "aufgrund des öffentlichen Drucks auf die Politik" unbedingt zustande kommen müsse. Es geht um das Prozedere. Und das ist tatsächlich nicht so unwichtig.

Zu den Gepflogenheiten der Innenministerkonferenz gehört nämlich, möglichst einstimmig abzustimmen. Dafür ist Information nötig. Und so begann der Ärger der CDU damit, dass man "aus der Presse erfahren" habe, dass die Sitzung von November vorverlegt worden sei. Hinzu kam nun, dass die Bund-Länder-Kommission, die das Material zu dem geplanten Verbot zusammenstellen sollte, erst kürzlich fertig wurde. Über 500 Seiten habe man nun kurzfristig zu lesen, heißt es empört aus CDU-Kreisen.

Damit nicht genug. Die 500 Seiten hat eine Arbeitsgruppe erarbeitet. Es gibt aber noch eine zweite. Sie muss die verfassungsrechtliche Expertise vorlegen. Doch die war, wie gestern aus Kreisen der CDU zu erfahren war, bis zum Donnerstagnachmittag nicht fertig. Diese verfassungsrechtlichen Ausführungen seien aber für eine Entscheidung von großer Wichtigkeit. Schließlich, so ein CDU-Mann, müsse der Partei nachgewiesen werden, dass sie agressiv-kämpferisch, aufgrund ihrer Programmatik und ihres Handelns, gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstoße. So herrschte gestern nur Kopfschütteln über das Vorgehen im Bundesinnenministerium. Anscheinend wollte man, so der CDU-Mann, die Entscheidung unbedingt durchpeitschen.

In Bayern zeigte man am Donnerstag großes Verständnis für die Unionskollegen. Das Meinungsbild sei eben noch nicht abgeschlossen, hieß es aus dem Innenministerium. Innenminister Beckstein blieb aber bei seiner grundsätzlichen Aufassung, dass das Material ausreichend sei, ein Verbotsantrag zu rechtfertigen.

Hinter den Kulissen wurde gestern jedenfalls eifrig daran gearbeitet, wie man nun aus dem Dilemma wieder herauskommt. Schließlich, das betonten auch alle Beteiligten, wolle man ja gemeinsam das NPD-Problem lösen. Also war eine neue Sprachregelung nötig. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte am Nachmittag dem Tagesspiegel: "Wenn die Innenminister noch Zeit für ihre Entscheidung brauchen, dann akzeptieren wir das. Aber ob dass so ist, werden wir morgen sehen."

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