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Kultur: Ohr mit Flügeln - "Zeitmaschinen" sind sein Markenzeichen

Ein Schrein mit kitschigbunten Trommelsäulen. Darin bewegte Bilder, die auf- und abwandern - schon findet sich der Besucher auf den Knien wieder, unversehens einen weinenden Breschnew anbetend.

Ein Schrein mit kitschigbunten Trommelsäulen. Darin bewegte Bilder, die auf- und abwandern - schon findet sich der Besucher auf den Knien wieder, unversehens einen weinenden Breschnew anbetend. "Glauben" nennt David Ralston sein Werk. Es wirkt genauso leicht und subtil wie die Holzskulptur "Apartheid oder Wiedervereinigung", ein gespaltener Stamm, mühsam mit überkreuzten Seilen zusammengehalten. Und wer müsste dieser Tage nicht an die Fernsehserie "Big Brother" denken, wenn ihn ein gefährlich an den berüchtigten "Volksempfänger" erinnernder Kasten von der Wand anlacht, bestückt mit papierenen Ohren: "Bitte nicht stören / Wir sind dabei", raunt es lakonisch. Spielerisch und vielfältig präsentiert die Galerie N.A.K.T. den in Berlin lebenden Engländer (Mühlenstraße 11, bis 14. März, Mi-Fr und So 16 bis 21 Uhr). Mit einem buntgefiederten Plastikentchen auf langen Stelzenbeinen etwa, das er "Evolution" nennt, oder einem "Fußnagel" - das sind für ihn viele kleine Nägel in einer Schusterleiste aus Holz. Immer nur Uhren zu bauen wäre eben doch zu langweilig. Und das, obwohl Ralstons "Zeitmaschinen" längst zum Markenzeichen geworden sind. Ob tickende Plastikbirne oder Drahtgespinst über Plastikrohr: Der gelernte Maschinenbauingenieur macht Zeit auf die unterschiedlichsten Arten messbar. Still - mit Sand, Gewicht und Gegengewichten - oder wesentlich lauter mit steinernen Billardkugeln auf einem komplizierten Messinggestänge. Und wenn er einmal Ruhe braucht, bastelt Ralston an schlichten schönen Dingen wie seiner hauchzarten "Insektenkunst": feinsten Drahtgespinsten auf millimeterdünnem Holz.

Sonja Bonin

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