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Kultur: Olympia, die Sängerin

Heimatvertrieben war die Mehrzahl der jungen Eltern, die uns Grundschulkindern in den Neubaublöcken ein Zuhause gaben. Aber was kümmerte mich, wo Frau Duves Sudetenland lag, wichtig war, dass unsere zigeunerhaft attraktive Nachbarin den einzigen Fernseher weit und breit besaß.

Heimatvertrieben war die Mehrzahl der jungen Eltern, die uns Grundschulkindern in den Neubaublöcken ein Zuhause gaben. Aber was kümmerte mich, wo Frau Duves Sudetenland lag, wichtig war, dass unsere zigeunerhaft attraktive Nachbarin den einzigen Fernseher weit und breit besaß.

Ausgerechnet mich rief sie eines Sommerabends mit ihren drei Töchtern aus dem Hof vor die schwarzweiße Wunderscheibe. Es komme etwas ganz Besonderes. Und dann sang dort – im teilabgezahlten Telefunken! – Jacques Offenbachs mechanische Puppe Olympia. „Hoffmanns Erzählungen“ samt allem, was Bühnengesang mir sein kann, bis heute hat es keinen gültigeren Guckkasten gefunden. Frau Duve, die Schöne, die Großzügige, sie war unvertreibbar zuhause im Sudetenwunderland der europäischen Kultur.

Der Schriftsteller Georg Klein, 51, lebt in Ostfriesland. Sein Debüt „Libidissi“ wurde 1998 von der Kritik gefeiert. Soeben ist der Roman „Die Sonne scheint uns“ bei Rowohlt erschienen.

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