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Kultur: Oops!

Jan SchulzOjala erliegt dem irgendwie triennalen Biennale-Virus Stellen wir, da die Erinnerung nun schon wieder zu verblassen beginnt, beherzt folgende Frage: Wie eigentlich heißen die Internationalen Filmfestspiele zu Berlin im allgemeinen Sprachgebrauch? „Bärinale“ – so hatte es Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister bräsigen Angedenkens, 1999 bei der Eröffnung der letzten Zoo-Palast-Berlinale insgesamt fünfmal ausgerufen.

Jan SchulzOjala erliegt dem

irgendwie triennalen Biennale-Virus

Stellen wir, da die Erinnerung nun schon wieder zu verblassen beginnt, beherzt folgende Frage: Wie eigentlich heißen die Internationalen Filmfestspiele zu Berlin im allgemeinen Sprachgebrauch? „Bärinale“ – so hatte es Eberhard Diepgen, Regierender Bürgermeister bräsigen Angedenkens, 1999 bei der Eröffnung der letzten Zoo-Palast-Berlinale insgesamt fünfmal ausgerufen. Nun, dies war innigem Lokalpatriotismus und einer gewissen Filmweltfremdheit geschuldet. Zeitgenössische Kunstfreunde dagegen erliegen in feinen, freilich kleinen Scharen häufig einer anderen Verwechslung: Sie nennen die Berlinale gerne „Biennale“.

Wenn nur mit diesem Begriff nicht ein umso bodenloseres Fass aufgemacht wäre! Denn jenes schöne Wort, das Veranstaltungen im zweijährigen Rhythmus bezeichnet, ist sogar als „berlin biennale“ seit ein paar Jahren lokalfeuilletonesk aktenkundig – doch was, wenn die Veranstaltung sich offenbar selber prompt verwechselt? Tatsächlich findet das Kunstfestival seit 1998 alle drei Jahre statt. Diese Biennale ist also – und Stadtoberhäupter seien hiermit zu ebenso gebildeten wie fälschlichen Lobpreisungen eingeladen – eine ausgewachsene Triennale.

Namen sind schon lange nicht mehr Schall und Hauch, sondern Labels. Marken. Logos. Und so bleibt die „berlin biennale“, mal wegen Krankheit, mal aus Geldmangel ein Jahr hinausgeschoben, ums Verrecken eben eine Biennale. Wobei sie sich, in der stets um avantgardistische Zeitbegriffe bemühten Welt der Kunst- und Musikbiennalen, in guter Gesellschaft befindet. Denn Biennalen, die ihre künstlerische Freiheit lieben, zeichnen sich offenbar gerade dadurch aus, dass sie eben nicht alle zwei Jahre stattfinden.

Mal fallen sie aus und machen zwei Jahre später betont unauffällig weiter (Münchner Musik-Biennale), mal hängen sie ein Jahr hinterher und versuchen, den Rückstand im Folgejahr diskret auszugleichen (Kunstbiennale Lyon), oder sie machen es gleich wie Sydney: Die dortige Kunstbiennale, in den Siebzigern gegründet, fand zunächst grundsätzlich alle drei Jahre statt, bis jemand ihren Machern offenbar – oops! – einen Wink gegeben hatte. Und so ist seit 1982 in Sydney, wo Biennale draufsteht, auch Biennale drin. Irgendwie langweilig, nicht?

Kann schon sein, dass auch die Urmutter aller Biennalen, die venezianische, immer wieder mal geflunkert hat: Aber wer wollte ihre artistischen Verfehlungen bis ins Gründungsjahr 1893 zurückverfolgen? Schon länger jedenfalls steigt die berühmteste Kunstbiennale kalendarisch oberkorrekt. So dominant wohl, dass sich sogar die jährlich unter dem Dach der Biennale-Stiftung agierenden Filmfestspiele vom Biennale-Virus infiziert zeigen. Schließlich wechselt deren Leitung derzeit alle zwei Jahre. Oder alle drei? Berlinisch gesehen: immer noch locker biennal.

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